Das Meckern an der Zukunft BLOG: Gehirn & KI

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Trice

17.11.2018,19:12Uhr

@Balanus:Diese Antwort habe ich tatsächlich übersehen, es tut mir Leid. Allerdings habe ich auch ein Problem damit, dass Datum und Uhrzeit nicht mehr angezeigt werden – daran habe ich mich, bei langen threads, orientiert.

„» Sagte ich denn nicht schon, dass ich kein anthropozentrisches Weltbild habe? «”»Ich hatte, als ich „Individuum“ schrieb, zwar auch an Menschen gedacht, aber eben nicht nur. Auch die Raupe, die den Larven der Schlupfwespe als Futter dient, würde sich vermutlich einen funktionierenden Abwehrmechanismus wünschen (wenn sie denn könnte).Der Punkt ist einfach, dass das, was für das Ökosystem „gut“ und „richtig“ ist, von den Konstituenten des Ökosystems, den Organismen, noch lange nicht als „gut“ und „richtig“ empfunden werden muss (auf das Vorhandensein von Empfindungsfähigkeit kommt es hier nicht an).«

Auf das, was Organismen als für sie „gut“ oder „schlecht“ empfinden, kommt es unter dem Aspekt, wie und dass die Natur funktioniert, nicht an. Sehen Sie, ich lege der Natur das Gesetz der Kausalität und dessen Regeln zugrunde, und danach funktioniert sie perfekt. Denn es ist ja nicht so, dass Organismen ihr solcherart ausgeliefert sind, dass sie an ihrer Situation nichts ändern könnten. Das tun Organismen seit es Leben gibt: sie passen sich den Umständen an, denn sie entwickeln und bringen Voraussetzungen mit, die ihnen das ermöglichen – bis zu einem gewissen Grad.

»Dem Naturphänomen Klima beispielsweise ist es völlig egal, welche globale Durchschnittstemperatur herrscht, aber uns Menschen kann und sollte es nicht egal sein. Es ist in meinen Augen kein fragwürdiger Anthropozentrismus, wenn man hier zuvörderst das Wohl der Menschen im Blick hat. «

Unter Anthropozentrismus verstehe ich, zu meinen, man müsse die Natur zum Wohle des Menschen korrigieren, bzw. sie so gestalten, dass sie ausschließlich unserem Nutzen dient, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für andere Lebewesen oder die Umwelt – es sei denn, wir sind zufällig selbst betroffen. Das halte ich für absolut fragwürdig.

“»Nur das Argument, dass wir dies tun müssten, weil wir in einer bedrohlichen Umwelt mit begrenzten Ressourcen leben, stimmt nicht. «”

»Doch, das Argument stimmt, denn das mit den begrenzten Ressourcen gilt für alle Lebensformen. «

Nur haben wir die eben nicht im Blick – und aus dem Grund stimmt es auch nicht.

»Es ist gehört zum Prinzip des Systems der belebten Natur, dass die Lebewesen um ihr Überleben „kämpfen“ müssen, und Überleben geht in aller Regel nur auf Kosten von anderen Lebewesen (wenn Sie mir nicht glauben wollen, dann vielleicht Charles Darwin, dem großen funktionalen Denker ;-)). Das Gesagte gilt insbesondere für jene Lebensformen, die am Ende einer Nahrungskette stehen. «

Es geht doch nicht ums Glauben. Darwin hat festgestellt, dass es so ist, er hat m. W. aber nirgends gesagt, dass er es gutheißt. Vielleicht haben Sie das Prinzip des „Kämpfens“ ums Überleben missverstanden? Wenn z. B. eine Katze eine Maus oder einen Vogel fängt, weil sie Hunger hat und / oder ihren Nachwuchs versorgen muss, dann spazieren ihr die auch nicht in ihren Fang, sondern sie muss etwas dazu tun – und wenn sie Pech hat und die Maus oder der Vogel ihr entkommt, dann darf ihr das nicht zu oft passieren, wenn sie überleben will. Zudem muss sie ihr Revier gegen Rivalen verteidigen und sich vor Fressfeinden schützen.Was sie aber, im Unterschied zum Menschen nicht macht: sie züchtet keine Mäuse, hält sie nicht massenhaft unter grauenhaften Bedingungen in Käfigen und in Massentierhaltung, züchtet keine Überfluss, von denen sie die Hälfte zerschreddert, weil sie sie nicht braucht, macht keine Tierversuche, quält sie nicht zum Vergnügen, tötet sie nicht ihres Fells, ihrer Galle oder ihres Elfenbeins wegen... All das aber machen wir, gewissen- und rücksichtslos, in der Annahme, dazu berechtigt zu sein, die Natur zu unserem Nutzen (?) zu verändern.

“» “Wir” beobachten Zustände und nur ausgesprochen selten Prozesse, und können Fließgleichgewichte bis zu einem gewissen Grad beschreiben.. «”

» „Zustände“ im Sinne von Momentaufnahmen werden natürlich auch beobachtet, notwendigerweise, denn sie helfen, Prozesse und Veränderungen besser zu verstehen. «

Nein, beobachtet wird wenn, dann die Abfolge von Zuständen. Zustände werden beachtet, es heißt Zustand , weil etwas Statisches, Stehendes beachtet werden kann (nur sich Bewegendes wird beobachtet, weil es sich verändert) ,so dass man dessen Einzelheiten und das Beziehungsverhältnis der Zustände beachten kann. Das Beziehungsverhältnis zeigt dann zwar die Veränderung von einem zum nächsten Zustand, nicht aber den Prozess.

» Je komplexer ein System ist und je langsamer die Veränderungen erfolgen, desto schwieriger ist es, sämtlich die Einflussfaktoren zu erfassen. Vollständigkeit dürfte hier eh illusorisch sein. Aber es genügt ja, wenn nur hinreichend viele Faktoren erkannt und bedacht werden. «

Nein, es genügt überhaupt nicht, nicht, wenn man es mit komplexen Systemen und Problemen zu tun hat. Das ist aber, was man als Funktionaler einem prädikativ denkenden Menschen nicht erklären kann: dass dies das Spannende ist, all das Komplexe, das nacheinander geschieht, gleichzeitig, simultan erfassen und in Wirkungszusammenhänge bringen zu können. Der Blick fürs Detail geht dabei verloren, aber man sieht die langfristigen Folgen, die Einflussfaktoren, die erst später wirkmächtig werden, solche, die allmählich virulent werden, aber als bedeutungslos abgetan werden, usw..

“»Diese Überlegungen hätten angestellt werden müssen, bevor wir so leichtfertig etwas in Gang gesetzt haben, das wir nun nicht mehr in den Griff bekommen «”»Als man anfing, Kohle, Öl und Gas zu verheizen und zu verstromen, wie hätte man das denn verhindern können? Und mit welchem Argument? Noch nicht mal heute, wo man sehr viel mehr weiß, schafft man es, den CO2-Ausstoß deutlich zu mindern. Fehlendes Wissen um die Zusammenhänge ist wohl nicht das Problem. Sondern schlicht das egoistische Verhalten der großen Mehrheit. «

Ich schrieb doch: bevor , nicht erst als man anfing bzw. angefangen hatte – da war es schon zu spät.Aber so etwas wie die Kohleverstromung geschieht ja nicht von jetzt auf gleich, sondern es entwickelt sich allmählich. Wenn man, wie der Zauberlehrling, die Geister bereits gerufen hat, ist es zu spät, um „Alles zurück auf Anfang“ zu rufen. Deshalb sehe ich auch nicht, dass es gelingen kann, den CO2-Ausstoß zu mindern, deutlich schon gar nicht. Wir sind inzwischen zu viele Menschen, und es sind zu viele, die nun auch das wollen, was wir, die privilegierte Minderheit, bereits haben. Klar können wir Autos bauen, die nur elektrisch betrieben werden, aber auch für die Herstellung dieser Fahrzeuge werden wir Ressourcen verbrauchen, den CO2- Ausstoß also nicht vermindern können, nicht, wenn 8 bis 10 Milliarden Menschen Auto fahren wollen, dazu Straßen brauchen, und, und, und.

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»Wenn hier nun die KI ansetzt, wenn es gelingen könnte, das egoistische Verhalten so zu kanalisieren, dass genau dieses Verhalten bewirkt, dass immer weniger klimaschädliche Gase freigesetzt werden, dann wär‘ das doch schon mal was. «

Wie soll sie das denn anstellen? Nein, das Problem ist, Sie und auch Andere gehen immer davon aus, dass die Menschen sich so verhalten, weil sie egoistisch oder rücksichtslos sind. Aber das stimmt nicht. Eine Erfahrung, die Dörner und sein Team damals gemacht haben war, dass die Leute, wenn sie mit den Folgen ihres Handelns konfrontiert wurden, erschüttert und betroffen waren und sagten: Das haben wir nicht gewollt, wir wollten doch helfen.

“» Warum betrachten Sie nur die gegenwärtige Situation und beziehen nicht die Vergangenheit und Zukunft in Ihre Überlegungen mit ein? «”

»Wir können nur in der Gegenwart (ethisch) handeln, das Vergangene ist vorbei, aber das Zukünftige wird durch unser Handeln mitbestimmt. «

Das ist ein Irrtum, denn die Gegenwart wird durch das Vergangene bestimmt, und wenn wir das nicht berücksichtigen, machen wir dieselben Fehler wieder und wieder.

“» Was wir jedoch tun ist, allen Menschen eine Ethik überzustülpen, sie mit ihr zwangszubeglücken, ihm damit die Fähigkeiten (und das Recht) abzusprechen, aus Eigenem zu einer ethischen Haltung zu gelangen, und zu behaupten, nur der, der sich fremdbestimmen lässt, sei gut. «”

» Sie meinen also (zum Beispiel), das Fahren besonders spritfressender Karossen sei nicht zu verurteilen, weil jedem zugestanden werden sollte, „aus Eigenem zu einer ethischen Haltung zu gelangen“? «

Falsche Argumentation: Wer war es denn, der zugelassen hat, dass solche Fahrzeuge gebaut werden? Aber nun, nachdem sie da sind, es ganze Industriezweige gibt mit Millionen von Menschen, die dort Arbeit finden, die solche Karossen bauen, und Millionen Menschen, die sie fahren, nun kommt man ihnen plötzlich mit dem Argument, sie verhielten sich unethisch, und dass sie nun einsehen müssten, dass sie zwangsbeglückt werden müssen.So aber kommt bestimmt niemand zu einer ethischen Haltung.

»Wenn wir warten wollen, bis auch der Letzte zur Einsicht gekommen ist, dann sollten wir uns schon mal auf eine schöne globale Warmzeit einstellen. «

Das sollten wir in der Tat, nicht nur, weil Warmzeiten in der Erdgeschichte wesentlich häufiger der Fall waren als Kaltzeiten, sondern weil die Katastrophe sonst noch größer wird, als zu befürchten ist.

»Die Frage: „Was wird passieren, wenn...“, kann mittlerweile mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit beantwortet werden, aber was nutzt es, wenn zu wenige Menschen bereit sind, ihr Verhalten den Erkenntnissen anzupassen, eben weil sie ihre eigenen (ethischen) Vorstellungen von einem guten Leben haben. «

Sehen Sie, das Problem der Mehrheit der Menschen ist, dass sie erst die Erfahrung machen müssen, dass etwas so sein wird. Es ihnen zu sagen, bringt nichts – klug ist man erst nachher. Hinzu kommt, dass sie es nicht glauben wollen, schon gar nicht, wenn sie diejenigen sind, die Opfer bringen müssen. Und solange es ihnen noch gut geht, werden sie nicht viel ändern. Restriktivere Maßnahmen führen allenfalls zu Hamsterverhalten oder einem „Nach mir die Sintflut“. Jetzt wird das Ganze zum Balanceakt: einerseits zu versuchen, zurückzufahren und andererseits das so vorsichtig zu tun, dass man keine Gewaltakte empörter Massen hervorruft, nicht die eigene Wirtschaft zu sehr schädigt – und nach Möglichkeit wiedergewählt wird.

“» Wir sind nicht diejenigen, die sie [die Frage nach einem wünschenswerten Steady State] stellen dürften, weil uns die Fähigkeit fehlt, die Folgen abzusehen. Trotzdem tun wir es laufend, und wenn wir, wie jetzt beim Klima, damit konfrontiert werden, treffen wir schon wieder jede Menge Entscheidungen, deren weitreichende und langfristige Folgen für uns nicht erkennbar sind. «”

»Nichtstun scheint mir aber auch keine vernünftige Handlungsoption zu sein. Was kann denn schon Schlimmes passieren, wenn wir versuchen, den CO2-Ausstoß zu verringern, etwa durch mehr fossilfreie Energiegewinnung für die Elektromobilität? »

Erstens tun wir nicht nichts, sondern neben Richtigem viel Falsches, zweitens ist die Industrie schon dran an dieser Art Energiegewinnung, und drittens gibt es keine Gewähr, dass nicht auch diese Maßnahme wieder üble Folgen haben wird. Außerdem gibt es starke Kräfte, die dagegen arbeiten aus unterschiedlichen Gründen, und es dauert auch, bis die Anstrengungen Wirkung zeigen...

“» Und deshalb habe ich gefragt, wie das Mängelwesen Mensch, das alle diese Katastrophen verursacht hat, nun plötzlich fähig sein soll, Maschinen zu bauen, die uns vor den Folgen unserer eigenen Fehler oder gar der Natur schützen soll. «”

» Daraus [dass der Mensch eine Katastrophe nach der anderen verursacht] folgt aber nicht, dass es ihm nicht möglich wäre, Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Das größte Hindernis, ich wiederhole mich, ist nicht das fehlende Wissen, sondern sind die individuellen Egoismen jener, die nur ihren eigenen Vorteil im Blick haben. Und wir müssen im Grunde auch nicht wissen, wie unser Gehirn arbeitet, um Computer und künstliche neurale Netze bauen zu können. Das Schöne ist doch dass „Fehler, die auf unserem Denken beruhen“, eine Maschine nicht machen kann (schon weil sie nicht denken kann). Es kommt also nur darauf an, die richtigen Programme für realistische Simulationen zu schreiben. «

Genau diese Argumentation und diese Art zu denken, sind der Grund für menschengemachte Katastrophen. Menschen sind zwar auch egoistisch, meist aber nur bequem, gleichgültig und oberflächlich, sie haben genug mit sich selbst zu tun ,und es fehlt ihnen das Wissen und das Verständnis um größere Zusammenhänge. Wenn wir aber in einem solchen Umfang, wie wir es inzwischen tun, in die Natur eingreifen und sie verändern, dann ist es unbedingt notwendig zu wissen, wie das Gehirn arbeitet, das uns einerseits dazu befähigt, andererseits aber außerstande ist, die Folgen unseres Handelns vorherzusehen, um sich darüber klar zu werden, weshalb wir uns so und nicht anders verhalten – vor allem aber, um die richtigen Leute an den richtigen Stellen zu haben. Da wir es sind, die KI bzw. Roboter bauen, und da wir nicht wissen, wie unser Denken funktioniert, ist es genauso, wie wenn wir nicht denken können. Deshalb bauen wir KI, die das auch nicht können. Und wenn man ein Gehirn hat, das in Beziehungen denkt, dann baut man auch KNN und KI, die so funktionieren und nicht solche, die in Wirkungsweisen denken – schon weil man darauf gar nicht kommt. Folglich werden auch die Roboter und KI nicht anders denken und handeln als die, die sie bauen.

»Die Natur folgt blind ihren eigenen Gesetzen. Sozusagen. Woraus folgt, dass wir aus den Gesetzmäßigkeiten der Natur keine ethischen Maßstäbe und Werte ableiten können. «

Die Natur unterliegt den eigenen Gesetzen, und da wir Teil der Natur sind, unterliegen wir ihnen ebenfalls, auch wenn wir sie nicht kennenoder deshalb blind sind. Weshalb es die irrige Annahme gibt, es ließen sich daraus keine ethischen Maßstäbe ableiten...

“» Was ist richtig, gibt es überhaupt etwas, das jenseits aller unserer menschlichen Ansichten, Einstellungen, Moralvorstellungen richtig ist? Die Antwort habe ich nicht in der Philosophie und Ethik und nicht in der Religion gefunden, sondern in der Ethologie und der Systemtheorie gefunden – und festgestellt, dass es weder Ethik noch Moral gäbe, wenn die Natur dafür nicht sie Voraussetzungen geschaffen hätte – ...«”

» Abgesehen davon, dass wir unsere Existenz sozusagen der Natur verdanken, inwiefern liefern Verhaltenslehre und Systemtheorie Antworten zu Fragen der Ethik und Moral? Wir haben es dabei doch um völlig verschiedene Beschreibungs- oder gar Seins-Ebenen zu tun. «

So verschieden sind die Beschreibungsebenen nicht, und die Seins-Ebenen schon gar nicht. Vielleicht muss man, so wie ich, in eine Welt hineingeboren werden, in der man fremd ist, und in der auch die Umwelt einen spüren lässt, dass man fremd ist. Eine Umwelt, die einem ständig sagt, dass man nicht nur ständig alles falsch macht, sondern einfach falsch, imsinne von nicht hineinpassend, ist. In einer solchen Umwelt zu werden, wer man ist, wie es Helmut Wicht in seinem Blog schreibt, ist fast nicht möglich, weil man stets die Rückmeldung erhält, so wie man ist, ist man eben nicht richtig.Und wenn man dann aber Kinder hat und feststellt, diese haben und bekommen dieselben Probleme, dann fragt man sich – zumindest habe ich das getan – was mit mir nicht stimmt, was ich falsch mache und warum, und ob es nicht etwas gibt, jenseits menschlicher Regeln und Moralvorstellungen, an das man sich halten kann, weil es richtig ist. Verhaltenslehre bzw. Verhaltensbiologie macht Aussagen zu grundlegenden Verhaltensweisen, Prozessen, die so und nicht anders ablaufen, und Systemtheorie macht Aussagen zum Verhalten von Systemen, Prozessen, die so und nicht anders ablaufen. Und da ich ohnehin schon sehr viel über Angst- und Trieb-Abwehrmechanismen wusste und darüber, welche Ängste es sind, die abgewehrt werden müssen, war es nicht so schwer, ein Wirkungennetz zu erkennen, das alles miteinander verbindet und daraus ethisch richtiges und moralisch falsches Verhalten abzuleiten.