Sieben polyamore Zwerge für Schneewittchen - Stützen der

Ich bin der kleine Willi und fliege durch die Welt, ich trinke alte Blumen und brauch deshalb kein Geld

Willi aus dem feministischen Klassiker “Biene Maja”

Wenn Sie das Glück haben, noch in der Klassengesellschaft anstelle des Sozialismus zu leben, dann kennen Sie eines der Grundprobleme: Sie können die eine Klasse nicht pauschal diskriminieren, ohne die andere nicht mit Privilegien auszurüsten. Immerhin sind wir inzwischen nach all den freiheitlich-demokratischen Wirrungen so weit gediehen, dass Medien heute klassenlos mehr auf Seiten der Diskriminierten denn auf Seiten der Privilegierten stehen. Diskriminierungen sind schick, man kann darüber reden wie über das Wetter, und der Staat setzt dauernd Kommissionen ein, um neue Benachteiligte zu finden. Mieter, Frauen. Migranten, es wird immer eine beklagenswerte Gruppe geben, um die man sich laut und aufmerksamkeitserregend kümmern muss, solange man als Volkspartei nebenbei gegen jeden Sachverstand Gesetze zur Benachteiligung von Sexarbeiterinnen, Internetnutzern und Freunden der Meinungsfreiheit gestaltet.

Besonders beklagt wurde diese Woche der Rolle der Frauen als Benachteiligte bei Arbeit und Einkommen, und die der Migranten und Armen bei der Suche nach für sie bezahlbaren Wohnungen in Regionen, in denen die Wohnungen eher nicht bezahlbar sind. Schuld hat natürlich das Besitzstreben der Männer und vermögenden Immobilienbesitzer, die oft genug identisch sind, bezeichnenderweise auch im Autor dieser Zeilen. Mit Testosteron und Ellenbogen boxt sich unsereins an die Spitze der Einkommenspyramide, während andere dankbar sein müssen, überhaupt auf einem Jugendportal eine Videokolumne zu Sexpraktiken anbieten zu dürfen. Und als Vermieter partizipieren wir ohne viel Arbeit von den kargen Löhnen anderer Leute, und verfestigen somit die Strukturen des Patriarchats. Und warum?

Weil man, das darf ich hier offen sagen, ebenfalls einer Diskriminierung unterliegt: Der Diskriminierung bei der Wahl des Geschlechtspartners. Frauen, das zeigen Studien immer wieder, sind bei der Partnerwahl aus nachvollziehbaren Gründen auf der Suche nach Männern, die die materiellen Probleme klein halten. Mag in Berlin noch der mexikanische Musiker und der griechische Webdesigner eine angemessene Wahl für ein paar Nächte sein, spielen bei der langfristigen Planung andere Aspekte eine grosse Rolle. Es scheint ein Naturgesetz zu sein, dass die Liebe eher dorthin fällt, wo man keinen Kredit für ein Haus aufnehmen muss, und kein Zwang besteht, etwaige Kinder in einem sozial benachteiligenden Opel zur Schule zu bringen. Frauen orientieren sich tendenziell nach oben, was Männer unter konstanten Druck setzt, ökonomisch attraktiv zu sein und zu bleiben.

Das hat Folgen in der Arbeitswelt, es macht Männer zu aggressiven Kämpfern, die zeigen müssen, was in ihnen steckt. Sie konkurrieren und drücken durchaus die ein oder andere Frau weg, die nicht ihre eigene ist. Sie müssen das Maximum aus Gehaltsverhandlungen heraus holen, sie müssen auf der Karriereleiter nach oben oder, wenn das nicht geht, Nachtschichten fahren, sich nach Afghanistan versetzen lassen, und Chancen für mehr Geld rücksichtslos nutzen. Männer sind da zwischen dem Druck der Arbeit und dem Druck der Familie. Das sage nicht nur ich, sondern auch Feministinnen, die den Mann als gesellschaftliches Problem entdeckt haben, und ihn gern an die Gegebenheiten des gleichgestellten Daseins aller Geschlechter, aller Rassen und Benachteiligten anpassen würden. Der Mann soll sich mal entspannen, sich mehr um die Kinder kümmern, daheim sein und den Müll runtertragen, Alte pflegen und seinen gerechten Teil leisten. Er muss begreifen, dass auch seine Arbeit eine Form von Zwang ist, dem er unterliegt – dann vergeht es ihm seine brutale Ader, und er wird fürsorglich, lieb und aufmerksam.

Ein gesellschaftlicher Wandel muss also her: Wenn Männer mehr daheim tun, tun sie weniger in der Arbeit, und Frauen können dort leichter aufsteigen. So ist, vereinfacht gesagt, die Zielsetzung, zu der sonst nur jene heilbringenden Quoten führen, denen wir schon die Spitzenkandidatur von Katrin Göring-Eckardt verdanken. Es ist offensichtlich, dass im Zentrum solcher Bemühungen Männer wie ich stehen, die ihrem Beruf mit einem gewissen Furor und ihrer Bereicherung mit Freude an der Benachteiligung anderer nachgehen: Es gibt nun mal nicht unbegrenzt Platz am Tegernsee, und wenn ich dort bleiben will, dürfen andere nicht kommen. Klagt eine frisch gebackene Mutter mit feministischen Neigungen in Berlin über den Mietmarkt und die Kitas und den doch unerwartet unzivilisierten Mann, ist für mich die Welt in Ordnung – wieder sehe ich welche, die keine Konkurrenz darstellen werden. Früher, als Privilegien noch als gut empfunden wurden, war das kein Problem. Heute sollte man die Freude über den Zusammenprall egalitärer Ideologie und Realität still empfinden, und obendrein nicht betonen, dass die Dominanz weisser, alter Männer insgesamt richtig ist.

Also, das liegt auch mir natürlich weltenfern. Es ist halt nur so, dass hinter den meisten erfolgreichen Männern eine anschiebende Frau steht, und in ihrer Bugwelle weniger erfolgreiche Frauen beiseite gedrückt werden. Die Vorstellung, die Männer könnten weniger tun und weicher werden, würde bedeuten, dass die Ansprüche der Frauen sinken. Oder umgekehrt: Wenn die Ansprüche der Frauen an Männer sinken, müssten sie auch nicht mehr so erfolgsorientiert sein. Das wäre dann der Beitrag der Männer zum Gelingen des Gesellschaftsumbaus – der Beitrag der Frauen wäre noch einfacher.

Sie müssten sich bei der Partnerwahl nicht mehr nach oben orientieren, lange Partner gegeneinander abwägen, und eine neue Garderobe für das erste Treffen kaufen. Sie sollten einfach dem Partner aus der Oberschicht entsagen und langfristig einen Partner wählen, der von Anfang an nicht die geringsten Ambitionen und auch keinerlei Aussicht auf sozialen Aufstieg hat. Das wäre für eine Generation vielleicht nicht wirtschaftlich lukrativ, würde aber den Reichen und Ambitionierten vor Augen führen, dass die früheren Qualitäten und heutigen Laster einfach nicht mehr gefragt sind. Wer vermögend, leistungsbereit und privilegiert ist, muss erkennen, dass seine Vermehrungschancen ebenso wie die Zahl der verfügbaren Frauen gegen Null gehen. Wir sehen schon Ansätze dazu in der Prantlhausener Zeitung, die Männer zu Problemfällen erklärt – jetzt müssen nur noch die Frauen mitziehen, und ihre Präferenzen für alte Privilegien der Problemfälle aufgeben, und deren Träger sexuell ächten. Jeder Porschefahrer auf der Maximilianstrasse muss sehen, welche attraktiven Frauen sich von weichen, zarten Politologen und Sozialforschern das Babboe-Lastenrad fahren lassen. Genau so einer hätte mich übrigens handynierend vor ein paar Wochen beinahe von meinem teuren Colnago C50 geräumt.

Es ist also möglich! Erfolgreiche weisse Männer haben, wenn sie den Crash mit dem neuen Mann überleben, nur noch zwei Optionen: Entweder sie sterben mangels Partnerinnen aus, oder sie passen sich dem neuen Ideal an. Man muss ihnen nur klar machen, und dass keine sexuelle Handlung wie ein Blick ohne Konsens geht, dass Care Arbeit Männer begehrenswert macht, solange es nicht um Rasenmähen beim Schwiegermonster geht. Man sollte sie in Gemüsegrillkurse stecken und sie auf Laktoseintoleranz erfolgreich prüfen. Und ihnen sagen, dass es völlig in Ordnung ist, nur 900 Netto nach Hause zu bringen, die Frau geht das jetzt an und macht die Karriere – Platz ist schließlich genug da, wenn Männer erst einmal ihre neue Rolle vollumfänglich eingenommen haben.

Ist das Erwerbsleben dann erst einmal mehr weiblich dominiert, können die Frauen zusammen auch etwaige Restexemplare wie mich konzertiert abräumen. Solche Männer sind selbst schuld, wenn sie sich nicht frühzeitig dorthin zur Unterschicht begeben, wo nun das Ideal des begehrten Mannes zu finden ist. Man muss das nur wollen und allgemein propagieren, dann gelingt auch die Transformation. Und jede Frau kann das selbst tun: Einfach dort, wo sie früher bei Tinder schleunigst wegwischte, nun einen Heiratsantrag machen.

Das wird Trägern der überkommenen Männlichkeit eine Lehre sein, solange sie keine italienische Kollegin oder deren Schwester oder der Cousine vom Neffen 3. Grades und deren beste Freundinnen mit ebenso überkommener Weiblichkeit haben! Der Umstand, dass nicht alle Länder Europas so fortgeschritten und zivilisiert wie Deutschland sind, birgt natürlich einige Risiken: Wenn man Männer schon gezielt aus dem Genpool ausschliesst, muss man auch dafür sorgen, dass andere hier keine ökonomischen Vorteile ziehen. Da muss der Staat dem Werke beispringen und in Schule, Vorabendserien und Broschüren staatlich finanzierter Fördervereine noch mehr Volksaufklärung betreiben. Aschenputtel heiratet dann keinen Prinzen mehr, sondern Aschenprinzessin den Puttel mit 22 Semestern Genderstudies, und Schneewittchen darf bei den sieben polyamoren Ökozwergen bleiben, während sich der Prinz im Rosengarten verirrt. Natürlich ist das kein leichter Weg, es wird Hürden und Renitente geben, die dreist behaupten, dass es gut ist, wenn die einen oben bleiben und die anderen nur so lange achtlose Babboe-Rowdies sein können, als ich nicht vom schwarzen Colnago C50 auf den schwarzen Mercedes umsteige. Aber Opfer müssen gebracht werden, und eine Umdeutung des fetten Willi als guten Partner der klugen Biene Maja sollte auch den letzten Knaben in seinem von Papa selbst aus Kissenresten genähten Röckchen überzeugen.

Wenn wir uns einig sind, dass Männer wie ich ein Problem darstellen, und es obendrein geniessen, ein Problem zu sein, weil wir gerne Frauen mit grossen Strohhüten und freiem Bauchnabel benzinverschwenderisch durch die Gegend fahren, muss sich alles ändern. Den Benzinpreis tut mir nicht weh, die Reparaturen tun mir nicht weh, die Kampagnen über neue Männlichkeit lese ist nicht – merken werde ich es erst, wenn niemand mehr neben mir auf dem Alcantaraleder oder auf der Terrasse am Tegernsee sitzen will. Es liegt an den Frauen, Nein zu sagen und die kühle Vernunft dorthin folgen zu lassen, wo das gleichgestellte Herz längst schlagen sollte.

Und angesichts der Vermögensverteilung in Deutschland ist es obendrein wirklich leicht, einen Unterprivilegierten zu finden, und glücklich und chancengleich zu leben.

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Don Alphonso

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