Experten warnen vor Zeckenplage: Blutsauger lauern wieder auf Opfer

+Experten warnen vor Zeckenplage: Blutsauger lauern wieder auf Opfer

© dpa

Eine mit Blut vollgesogene Zecke krabbelt über ein Blatt. Experten warnen vor einer Zeckenplage in diesem Sommer

© dpa

Bönen – Der Winter war mild, der Frühling außergewöhnlich warm. Fachleute befürchten, dass dies in unserer Region zu einer Zeckenplage führen könnten. Die Spinnentiere mögen nämlich Wärme und Feuchtigkeit ganz besonders. Das merken schon jetzt die Fachleute: Beim Tierarzt und in den Praxen der Humanmediziner häufen sich die Fragen nach Schutzimpfungen.

Etliche Parasiten mussten die Ärzte außerdem bereits aus Menschen- und Tierhaut entfernen. Ansteckungsgefahr Die Zeckenarten, die in der Gemeinde leben, sind dabei in der Regel harmlos. Allerdings können Zecken Krankheitserreger übertragen, die für Menschen gefährlich sein können: Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und die Borreliose (Lyme-Krankheit) beispielsweise.

Zwar wurde die FSME in NRW bislang noch nicht übertragen, doch die Infektion rückt immer näher. Inzwischen wurden Fälle im benachbarten Hessen und Niedersachsen bekannt. Daher haben auch viele Bönener Bedenken. „Sie fahren ja in den Urlaub, nach Bayern zum Beispiel“, sagt Kinderarzt Dr. Jürgen Krüger. Jetzt, vor der Ferienzeit, kommen viele Eltern mit ihren Kindern zu ihm, um die Kleinen gegen FSME impfen zu lassen.

„Zurzeit ist die Meningitis-Impfung die begehrteste Impfung bei uns“, berichtet der Bönener Mediziner. Er selbst hat in seiner Praxis schon einige FSME-Fälle behandelt. Die Kinder litten unter einer Gesichtslähmung, einem Hörschaden oder hohem Fieber.

Behandlung

Gegen die Borreliose gibt es hingegen keinen Schutz. Sie zeigt sich manchmal erst Wochen nach dem Stich durch eine Rötung um die Einstichstelle, dem sogenannten Rotlauf, wie Jürgen Krüger das Symptom nennt. „Dann müssen wir Antibiotika geben“, rät er. In einem solchen Fall sei unbedingt ein Arzt aufzusuchen. Unbehandelt kann eine Borreliose zu rheumatischen Beschwerden führen, zu brennenden Nervenschmerzen, Taubheitsgefühlen, Seh- oder Hörstörungen und sogar zur Lähmungen des Rumpfes, der Arme oder Beine. Bei Kindern kann die Borreliose zudem eine Hirnhautenzündung auslösen.

„Bei Waldarbeitern und Förstern ist die Borreliose eine anerkannte Berufskrankheit“, erzählt Jürgen Krüger. Oft wüssten die Betroffenen dabei gar nicht, wann oder dass sie von einer Zecke gebissen wurden. „Wenn die sich vollgesaugt hat, fällt sie ab, und keiner merkt das“, erklärt der Kinderarzt.

Gefahr für Vierbeiner

FSME und Borreliose kann aber auch Hunden gefährlich werden. Die Vierbeiner sind natürlich bevorzugte Opfer der Spinnentiere, da sie „unbekleidet“ und in gut erreichbarer Höhe durch deren Revier streifen.

Die Plagegeister lauern in Bodennähe auf ihre Wirte. Streift ein Mensch oder Tier sie im Vorbeigehen ab, ergreifen sie blitzschnell die Gelegenheit und haken sich an den Vier- oder Zweibeinern fest. Dann suchen sie sich ein warmes, ruhiges Plätzchen auf der Haut und beißen sich fest. Im Gegensatz zu Menschen können Hunde gegen Borreliose geimpft werden. Eine FSME-Infektion ist bei ihnen quasi ausgeschlossen. Katzen infizieren sich ebenfalls selten mit Erregern, die von Zecken übertragen werden. Für sie gibt es keine Impfungen gegen FSME und Borreliose. Pferde können wiederum zumindest gegen Borreliose geimpft werden.

Da die Parasiten in Wäldern und auf Wiesen leben, werden auch sie gerne von den Zecken „angezapft.“ Die Milben wohnen aber auch im Garten. Sie sitzen vorzugsweise im hohen Gras, in Büschen oder im Unterholz. Ihre Wirte spüren sie mit einer Art Geruchsorgan auf. Es registriert mechanische, thermische und chemische Reize, wie Körpertemperatur oder die Buttersäure aus dem Schweiß eines möglichen Opfers. Zecken springen nicht, sie warten auf Grashalmen oder im Gebüsch, bis sie „mitgenommen“ werden.

Neue Art eingewandert

Aber auch dabei gibt es Ausnahmen: Seit einigen Jahren ist die Auwaldzecke auf dem Vormarsch, eine Art, die es bis dahin hierzulande gar nicht gab. Sie kommt aus Italien, Österreich, Ungarn sowie osteuropäischen Ländern und den USA. Im Gegensatz zur häufigsten Zeckenart in Deutschland, dem Gemeinen Holzbock, ist die Auwaldzecke aggressiv und lauffreudig. Sie wartet nicht passiv am Grashalm hängend auf ihr Opfer, sondern geht aktiv auf Beutesuche. „Und sie kann andere Krankheiten verursachen“, so Dr. Krüger. „Fleckenfieber, Ehrlichiose, Babesiose und das Krim-Kongo-Fieber.“ Bislang habe sich aber noch keiner seiner kleinen Patienten damit angesteckt. Dadurch, dass die Menschen vermehrt in den Urlaub fliegen, nimmt die Gefahr jedoch zu.

Schutz vor dem Stich

Deshalb ist es gut, sich im In- und im Ausland vor Zeckenbissen zu schützen. Helfen kann es, die Haut und Kleidung mit einem Anti-Zecken-Spray einzusprühen. Stiftung Warentest hat 2017 verschiedene Mittel getestet. Die Ergebnisse stehen auf der Internetseite www.test.de/Mittel-gegen-Zecken-1672174-0/. Außerdem empfehlen Fachleute, bei Spaziergängen oder der Gartenarbeit lange Hosen und langärmelige Shirts zu tragen. Wanderer sollten auf den Wegen bleiben und – insbesondere nach einem Sommerregen – Wiesen und Unterholz meiden. Die Hosenbeine können in die Socken gesteckt werden. Und wer sich für helle Kleidung entscheidet, entdeckt die Blutsauger schneller.

Nach dem Aufenthalt im Freien sollte jeder auf der Haut und im Haar nach Zecken suchen, um sie gegebenenfalls zügig entfernen zu können. „Dazu muss niemand in die Praxis kommen. Es ist relativ einfach“, sagt Dr. Jürgen Krüger. Die Zecken sollten möglichst nah an der Haut gepackt und vorsichtig abgezogen werden. Das gilt sowohl bei Menschen, als auch bei Tieren. Helfen können dabei Werkzeuge wie Zeckenzangen, - karten oder Pinzetten. Keinesfalls sollten die Tiere mit Öl, Klebstoff oder Ähnlichem bestrichen werden. Auch sollten sich nicht herausgedreht werden. Dabei könnte der Kopf abreißen und in der Haut stecken bleiben. „In solchen Fällen können die Leute in die Praxis kommen. Die Zecke wird entfernt und die Stelle desinfiziert. Sonst kann es zu Entzündungen kommen“, weiß der Kinderarzt.

Überlebenskünstler

Für Hunde, Katzen und Co. gibt es sogenannten Spot-Ons, die in den Nacken geträufelt werden. Die Tiere sind dadurch einige Wochen vor den Plagegeistern geschützt. Die Mittel gibt es auf pflanzlicher Basis oder mit chemischer Zusammensetzung. Während die pflanzlichen Mittel Zecken abschrecken sollen, tötet der Wirkstoff der chemischen Spot-Ons sie ab, wenn sie sich bereits festgesetzt haben. Zu haben sind sie beim Tierarzt oder in der Apotheke. Dort gibt es außerdem Halsbänder, die ebenfalls vorbeugend wirken sollen. Wichtig ist auf jeden Fall, die tierischen Lieblinge regelmäßig auf Holzböcke abzusuchen, denn wenn sie noch im Fell herumkrabbeln, könnten sie auf Frauchen oder Herrchen umsteigen.

Die Parasiten sind unglaublich zäh. Wer glaubt, lebende erfolgreich in der Toilette entsorgen zu können, der hat sich getäuscht: Zecken können bis zu drei Wochen lang unter Wasser überleben. Auch Kälte tötet sie nicht sofort. Sie schaffen es 24 Stunden lang bei Minus zwölf Grad Celsius im Gefrierfach. Selbst den Waschgang bei 40 Grad überleben die Quälgeister. Erst ab 60 Grad oder im Trockner geht es ihnen an den Kragen. Grausam, aber effektiv: der Feuertod. Wird die Zecke in ein kleines Stück Papier oder Taschentuch gewickelt und verbrannt, ist es endgültig aus mit ihr.