Hundegebiss: An die Bürste, fertig, los!

Hundegebiss: An die Bürste, fertig, los!Hundegebiss: An die Bürste, fertig, los!

Ihr kennt auch diese Besitzer, die eine regelmäßige Zahnpflege ihres Tieres für überflüssig halten? Hier ein paar harte Fakten, die fürs Zähneputzen bei Hund und Katze sprechen.

Als Tierarzt in der Kleintierpraxis ist man ja Quasi der Mann oder die Frau für alles: Vom Geburtshelfer und der ersten Welpen-Impfung über dermatologische oder ophthalmologische Fragestellungen, oft komplexe internistische Fälle, orthopädische Diagnostik und Chirurgie, Kastrationen und größere abdominal-chirurgische Eingriffe. Ein sehr häufiges Problem unserer Patienten ist aber auch die Zahngesundheit – denn Zahnärzte sind wir auch.

Zähne bei Haustieren: Ein breites Spektrum

Die Untersuchung des Gebisses und der Maulhöhle gehört zu jeder allgemeinen Untersuchung. Im Optimalfall erfolgt eine solche ja mindestens einmal im Jahr, oft im Zuge einer Impfung. Wie sehr sich ein Besitzer aber über die Zahngesundheit seines Tieres Gedanken macht, unterscheidet sich zum Teil erheblich. Ich kann mich noch genau an eine Patientenbesitzerin erinnern, die mir stolz erzählte, wie ihre beiden Zwegschnauzer jeden Abend nebeneinander Platz nehmen, um sich brav die Zähne putzen zu lassen.

Was soll ich sagen – die Gebisse der beiden waren perfekt gepflegt. So wünscht man sich das als Tierarzt. Im Gegensatz dazu boten sich mir leider nicht selten Bilder des Grauens bei der Adspektion einer Maulhöhle. Man wusste manchmal nicht, wo unter dem ganzen grau-braunen Zahnstein noch Zähne sein sollen. Das das nicht nur unangenehm, sondern auch oft schmerzhaft und gesundheitsschädlich ist, kann sich eigentlich jeder denken.

Beispielbild Zahnstein, © Garanayak, et al.

Was mich oft bei letzteren Patienten erstaunte: Vielen Besitzern war nicht klar, dass das nicht der Normalzustand sein sollte. Nicht nur ein mal hörte ich: „In der Natur putzt denen ja auch keiner die Zähne.“ Dass die heutigen Rassen und Fütterungspraktiken sowieso nicht mehr viel mit Natur zu tun haben, sahen sie dann manchmal doch ein. Wie außerdem unsere Zähne aussehen würden, wenn wir sie nicht putzen würden, das will ich mir gar nicht ausmalen. Oft hilft auch das Argument, dass sie sich und ihrem Tier mit einer guten Putz-Routine einige Gänge zum Tierarzt sparen könnten.

Wie sieht gute Zahnpflege aus?

Was kann denn nun für eine gute Zahngesundheit bei Hund un Katze getan werden? Ein Blick in die Studienlage:

Catherine Buckley hat zusammen mit Kollegen die Zahngesundheit von 17.184 Hunden und 6.371 Katzen ausgewertet, die zwischen 2006–2007 in polnischen Tierkliniken vorgestellt wurden. Bei allen Tieren wurden die Zahnbeläge, die Größe der submandibulären Lymphknoten und die Zahnfleischgesundheit beurteilt. Die Ergebnisse wurden mithilfe eines Maulgesundheitsindex (oral health index, OHI) von 0 bis 8 dokumentiert, wobei eine Punktzahl von 0 für eine gute und ein Wert von 8 für eine maximal schlechte Maulgesundheit stand. Auch Informationen zu Alter, Ernährung und häuslicher oraler Hygiene-Maßnahmen wurden erfasst. Die Ergebnisse:

Die Ernährung der Tiere hatte einen signifikanten Effekt auf den OHI, wobei die Fütterung einer selbst zubereiteten Diät („home-prepared food“) die Wahrscheinlichkeit eines oralen Gesundheitsproblems sowohl bei Katzen als auch bei Hunden erhöhte (56 % und 41 % hatten einen OHI > 2). Tiere, die ausschließlich kommerzielles Tierfutter erhielten, standen besser da – zumindest, wenn ein Teil der Nahrung aus Trockenfutter bestand (Hunde mit gemischter Diät hatten zu 30 % einen OHI > 2). Eine Fütterung von Hunden mit Nassfutter war, was die Zahngesundheit angeht, mit einer selbst zubereiteten Fütterung gleichauf. Die ausschließliche Fütterung von Trockenfutter wirkte sich positiv auf die Maulgesundheit von Katzen und Hunden aus (24 % der Katzen und 22 % der Hunde hatten einen OHI > 2).

Tägliches Zähneputzen oder das tägliche Anbieten von Zahnpflege-Leckerlies bzw. Kauknochen zeigten in der Erhebung ebenfalls eine signifikante Reduzierung des OHI, im Vergleich zu Tieren mit sporadischen oder fehlenden Maßnahmen. So konnte das Risiko einer Zahn- bzw. Zahnfleischerkrankung bei Katzen durch Zähneputzen von 44 % auf 12 % und bei Hunden von 37 % auf 16 % gesenkt werden. Auch Zahnpflege-Leckerlies und Kauknochen konnten das Risiko von Zahnerkrankungen senken (Bei Katzen auf 10 % und Hunden auf 19 %).

Nur noch Trockenfutter füttern? Nicht unbedingt

Die Autoren geben zu bedenken, dass das Ausmaß dieses Nutzens sehr stark von der Größe und Beschaffenheit der Kroketten abhängt: Größere Kroketten erfordern vermehrtes Kauen im Vergleich zu kleineren und können Plaque so besser mechanisch entfernen.

Auch müssen bei der Wahl des Futters weitere gesundheitliche Faktoren mit einbezogen werden. So gibt es Anhaltspunkte, dass die Fütterung von Futtermitteln mit hohem Feuchtigkeitsgehalt der Gesundheit der Harnwege bei Hund und Katze zuträglich ist.

Auch für die Kontrolle des Körpergewichts kann eine Fütterung von Futter mit hohem Feuchtigkeitsgehalt hilfreich sein. Aufgrund der geringen Energiedichte bei gleichem Sättigungseffekt kann es zu einer reduzierten täglichen Energieaufnahme beitragen.

Es gibt also auch viele Indikationen für Nassfutter – möchte man aber die Zahngesundheit berücksichtigen, so kann es sinnvoll sein, einen Teil der täglichen Ration mit Trockenfutter abzudecken.

Von Kaustangen und dem richtigen Zähneputzen

In einer kleinen prospektiven, randomisierten und verblindeten klinischen Studie in Großbritannien mit 22 Hunden schnitten Kauknochen und spezielle Futtermittel gegenüber dem Zähneputzen schlechter ab. Tägliches Zähneputzen war hier mehr als dreimal so effektiv darin, die Bildung von Plaque zu verhindern, als die Verwendung einer täglichen Kaustange oder eines Spezialfutters. Die beiden letzten Gruppen waren etwa gleichauf – und die Hunde zeigten hier eine deutlich größere Variabilität bei der Bildung von Plaque.

Colin Harvey und seine Kollegen von der veterinärmedizinischen Fakultät der Universität von Pennsylvania (Penn Vet), USA, konnten unter Laborbedingungen zeigen, wie wichtig regelmäßiges Putzen jeden Tag bzw. mindestens jeden zweiten Tag ist. In ihrer Studie mit 125 Beageln zeigte sich eine um 37 % verringerte Plaque-Bildung bei täglichem Putzen und eine Verringerung von 25 %, wenn jeden zweiten Tag geputzt wurde. Wöchentliches Putzen zeigte nur noch eine Verringerung von Plaque um 10 %.

Auf die Bildung von Zahnstein hatte das Putzen noch einen größeren Effekt. Hier konnte durch tägliches, zweitägliches und wöchentliches Putzen immerhin eine Verringerung um

80, 62 und 23 % erzielt werden. In Sachen Zahnfleischgesundheit schien das tägliche Putzen eindeutig vorne zu liegen: Hunde mit gesundem Zahfleisch konnten diesen Status auch noch mit dem 2-tägigen Putzintervall halten, während solche mit Entzündungsanzeichen diese nur durch tägliches Putzen zurückdrängen konnten.

Fazit: Zähne putzen und professionell reinigen lassen

Spielzeug, welches zur oralen Hygiene von Haustieren beitragen soll, ist aus medizinischer Sicht eher wirkungslos. Vom regelmäßigen Putzen (am besten 1 x täglich) und Kauen geeigneter Snacks kann das Tier jedoch durchaus profitieren. Beachtet werden sollte beim Kauen, dass hier nur die Backenzähne gereinigt werden, eine händische Reinigung der Incisivi sollte ergänzt werden.

Für die Reinigung der Zähne haben Tierbesitzer mittlerweile eine große Auswahl an Produkten. Von Reinigungstüchern über Fingerlinge bis zu speziellen manuellen und sogar elektrischen Zahnbürsten – die Auswahl an Zahnpasten mit verschiedenen Fleisch- und Fisch-Geschmacksrichtungen ist ebenfalls groß. Hier gilt: Was immer möglich ist, ist besser als gar keine Maßnahmen. Die Zahnbürste reinigt jedoch am effektivsten.

Besonders wichtig zur Erklärung ist außerdem: Bürsten und Kauen kann immer nur Plaque entfernen, nicht jedoch Zahnstein. Sie können deshalb eine professionelle Zahnreinigung unter Allgemeinanästhesie nicht ersetzen, wohl aber die Intervalle vergrößern. Wenn die Besitzer also von Anfang an dranbleiben und ihnen die genetischen Voraussetzungen des eigenen Tieres entgegenkommen, dann schaffen sie es eventuell – wie die Dame aus meinem Beispiel – dem Tier die Reinigung in Narkose beim Tierarzt sehr lange zu ersparen. Eine regelmäßige Kontrolle sollte aber auf jeden Fall stattfinden.

Damit, wie eine gute Überwachung des Gebisses bei Hunden und Katzen durch den Haustierarzt aussehen sollte, befasse ich mich im nächsten Teil.

Bildquelle: Paweł Czerwiński, unsplash