Wahlplakate aufhängen: Das müssen Sie wissen! | KOMMUNAL

Wahlplakate sind auch in den Parteien umstritten. "Aufhängen bringt kaum zusätzliche Stimmen, die Botschaften sind ohnehin meist viel zu allgemein, die auf ein Plakat passen", sagen die Einen. "Keine Plakate aufhängen kostet aber Stimmen, meinen die anderen". Denn es geht schließlich um Sichtbarkeit. Nur genau diese Sichtbarkeit ist eben auch in Kommunen umstritten. Denn jeder möchte am Liebsten da "hängen", wo die Aufmerksamkeit besonders groß ist. Genau an den Stellen ist das Plakatieren von Wahlplakaten aber oft verboten. Das gilt etwa am Rathäusgebäude, vor Schulen und Kitas oder direkt vor dem Wahllokal. Hier sind Bannmeilen einzuhalten, denn öffentliche Gebäude haben eine Neutralitätspflicht. Aber der Reihe nach...

Ab wann Plakate im Stadtbild hängen dürfen

Schon hier sind die Bundesländer und die jeweilge Kommune mit entscheidend. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber auf Bundesebene erlaubt, dass Wahlplakate 2 Monate vor der Wahl gehängt werden dürfen. Für diese Bundestagswahl, die ja am 26. September stattfindet hieß das also: Die ersten Wahlplakate konnten am 27. Juli gehängt werden. In Brandenburg etwa gilt die Bundesregelung, weshalb hier schon in der Nacht die ersten Kandidaten auf die Leiter kletterten und ihre Botschaften anbrachten. Andere Bundesländer haben eine strengere Regelung und erlauben das Plakatieren erst sechs Wochen vor der Wahl. In NRW ist das etwa so. Damit rückte der früheste Termin zum Aufhängen hier also auf Anfang August.

Aber auch das ist nur die halbe Wahrheit, denn am Ende haben auch viele Kommunen ihre eigenen Satzungen. Und so kommt es, dass sieben Wochen vor der Bundestagswahl etwa im Vogelsbergkreis in Hessen schon Plakate der Parteien und Kandidaten gesichtet wurden, zumindest in Städten wie Lauterbach und Wartenberg. Hier gilt die Bundesregelung. Im zum gleichen Wahlkreis gehörenden Schlitz oder in Poppenhausen hingegen haben die Kommunen andere Satzungen erlassen und das Hängen erst sechs Wochen vor der Wahl erlaubt. Somit durfte hier erst ab dem 9. August gehängt werden. Hinzu kommt, dass die Parteien die Plakatierung bei der jeweiligen Kommune beantragen müssen. Diese darf zwar nicht verwehrt werden. Wurde die Plakatierung vorher jedoch nicht angezeigt, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit. Das gilt insbesondere für sogenannte Wesselmänner, das sind die Großflächen, die an vielen neuralgischen Punkten stehen. Diese bedürfen einer schriftlichen Genehmigung durch die Gemeinde, "klassische Plakate" im Format A 1 oder A 0, wie sie oft an Straßenlaternen hängen, sind hingegen "nur" anzeigepflichtig.

Eine weitere Besonderheit: Viele Kommunen haben in ihren Satzungen inzwischen eine Höchstmenge an Plakaten definiert, die pro Partei oder Wählervereinigung gehängt werden darf. Diese Regelung ist rechtlich umstritten, zumal sie gerade in Flächenkommunen kaum nachzählbar ist. Und die Begrenzung gilt unter Juristen auch insgesamt im Zusammenhang mit der Meinungsfreiheit als "schwierig". Dennoch sind Parteien und Kandidaten gut beraten, sich grob an die Vorgaben zu halten, denn eine übermässige Plakatierung kann am Ende vor Ort und in der Presse auch zu negativen Diskussionen führen (hält sich nicht an Satzungen, die die eigenen Parteien im Rathaus aufgestellt haben)...

Wo die Wahlplakate hängen dürfen und wo nicht

Grundsätzlich darf laut Gesetz überall gehängt werden. Das Regelt Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes, spricht das Recht auf Meinungsfreiheit. Doch das gilt nicht für jeden Ort, ähnlich wie eine Demo eine festgelegte Route hat, gilt das auch für Wahlplakate. Weitere wichtige Rechtsgrundlagen bilden Artikel 5 Absatz 3 (Kunstfreiheit) und der Artikel 21 (Parteienprivileg).

Gebäude, die neutral bleiben müssen, sind jedoch schon mal ausgenomen, also Schulen, Rathaus oder Gerichtsgebäude. Auch im Umkreis von Wahllokalen darf nicht plakatiert werden. Machen Sie das doch, kann die Gemeinde die Plakate auf Kosten der jeweiligen Partei oder Wählervereinigung abnehmen. Das kann teuer werden. Denn grundsätzlich haftet die Person, die von dem Plakat profitiert. Geldstrafen sind zudem möglich. Wildplakatieren gilt als Ordnungswidrigkeit. Die Stadt Frankfurt etwa verlangt in ihrer Satzung 150 Euro für Plakate, die ohne Erlaubnis hängen.

Plakate dürfen außerdem den Verkehr nicht behindern. Das heißt konkret: Autofahrer müssen freie Sicht auf Verkehrsschilder und auch Straßenschilder haben. Somit ist das Plakatieren an einem Masten unterhalb des Stopp-Schildes ebenso verboten wie an einer Laterne, an der ein Straßenname prangt. Auch die Laternen rund um Ampelkreuzungen sind tabu. So ist auszuschließen, dass Verkehrsschilder oder Ampel verdeckt werden oder es zu einer Einschränkung der Sicht kommt. Daher erfolgt die Anbringung bei Geh- und Radwegen beispielsweise erst ab einer Höhe von 2,5 Meter.

Obendrein haben einige Kommunen Zonen eingerichtet, in denen nicht plaktiert werden darf. Häufig sind das etwa historisch Altstädte oder der Marktplatz der Gemeinde.

Es gibt übrigens auch Kommunen, die Plakate für alle Parteien selbst aufhängen. Dann bringen die Kandidaten ihre Plakate zum Bauhof der Kommune und diese verteilt sie dann über das Stadtgebiet. In Künzell in Hessen etwa passiert das so. Das Hautpamt der Gemeine koordiniert das Sammeln der Plakate, diese werden dann "nach dem Zufallsprinzip" an die Laternen gebracht.

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Nun passt so manchem die Botschaft auf den Wahlplakaten nicht, gerade radikale Parteien haben damit zu kämpfen, dass sich Bürger durch die platten Botschaften angegriffen fühlen. Das Gesetz ist hier eindeutig. So lange ein Wahlplakat beziehungsweise der Slogan darauf keine verfassungsfeindlichen Aufschriften trägt, ist nahezu alles erlaubt. Maßgeblich ist da der Straftatbestand der Volksverhetzung. Zudem darf Wahlwerbung nicht das Persönlichkeitsrecht von Menschen oder Unternehmen verletzen. Einige Urteile gibt es in dem Zusammenhang, die deutlich machen, was erlaubt ist und was nicht. Im Jahr 2009 hatte im Landkreis Uecker-Randow der Kreis­verband eine rechtsradikalen Partei Wahlplakate mit der Aufschrift „Polen-Invasion stoppen!“ aufgehängt. Das allein hätte wohl nicht genügt - grafisch waren aber noch drei Krähen mit einem Bündel Euro Geldscheinen zu sehen, nach dem eine der Krähen mit dem Schnabel pickt. Das Bundesverwaltungsgericht wertete das als Angriff auf die Menschenwürde der in Deutschland lebenden Polen. Die Plakate mussten abgehängt werden (Az.: 2 BvR 2179/09).

Es gibt aber auch zahlreiche Beispiele, die von Gerichten anders gesehen werden. Eine Klage gegen eine rechtsradikale Partei in Bad Hersfeld etwa hatte im Jahr 2013 keinen Erfolg. Dort hatte das Verwaltungsgericht Kassel geurteilt, der Slogan "Geld für Oma statt für Sinti und Roma" sei freie Meinungsäusserung. Im Urteil heißt es, dass Plakat fordere nicht zu "Willkürmaßnahmen gegen Sinti und Roma" auf (AZ: 4 L 1117/13.KS).

In jedem Fall ist das Abhängen solcher Plakate nicht erlaubt. Es muss zunächst Strafanzeige gestellt werden. Erst nach einem Urteil dürfen sie dann abgehängt werden. Im Ergebnis führt das Plakat solcher Parteien durch solche Klagen oft zu größerer Aufmerksamkeit, abgehängt werden muss es aber nur in sehr seltenen Fällen.

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Selbstjustiz bei Wahlplakaten? Darf ich im Fall des Falles ein Plakat abreißen?

Die Antwort ist einfach: NEIN! Nach § 303 Absatz 1 des Strafgesetzbuches gilt das Abreißen von Wahlplakaten als Sachbeschädigung: "Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft."

§ 303 StGB regelt auch das Übermalen von Wahlplakaten. Wer Slogans durchstreicht, Politikern schwarze Zähne malt oder eigene Parolen drauf schreibt, begeht ebenfalls eine Sachbeschädigung. Und dabei kommt es nicht darauf an, welchen Inhalt das Plakat hat oder ob es vor oder erst nach der Wahl beschädigt wurde.

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Was nach der Wahl mit den Wahlplakaten geschieht

Auch hier gibt es rechtlich eine klare Regelung. Nach Wahlen sind die Parteien und Wählervereinigungen in der Pflicht, die Plakate "unverzüglich" wieder zu entfernen. Was genau unverzüglich bedeutet, ist zwar etwas schwammig, Juristen sagen aber: Maximal 2 Wochen nach der Wahl sollten alle Plakate entfernt sein, ansonsten sind Ordnungsstrafen möglich. Finden hingegen Stichwahlen statt, so dürfen die Kandidaten und Parteien, die noch zu einem zweiten Wahlgang antreten, natürlich auch nach der "ersten Wahl" ihre Plakate hängen lassen oder neue aufhängen. Alle anderen Kandidaten müssen sie jedoch vor der Stichwahl bereits entfernen.

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