Zooplus: "Wir verkaufen Glück und Zufriedenheit"

Zooplus: "Wir verkaufen Glück und Zufriedenheit"Zooplus:

Florian Welz, CCO der Zooplus AG

Bild: Zooplus

24.09.2019 - In fast jedem zweiten deutschen Haushalt lebt ein Haustier. Die Beziehung zu ihren Haustieren ist den Deutschen lieb und teuer. Knapp fünf Milliarden Euro haben die Deutschen 2018 für ihre tierischen Lieblinge ausgegeben - bislang aber vor allem offline. Wie man Futter, Spielzeug und Streu auch online vermarktet und sich dabei gegen stationäre und Online-Konkurrenz behauptet, erzählt Florian Welz, Chief Commercial Officer (CCO) der Zooplus AG, im Interview mit ONEtoONE.

von Christina Rose

Der prozentuale Online-Anteil dümpelt seit Jahren und liegt aktuell bei knapp 13 Prozent Anteil am Gesamtumsatz des Fach- und Einzelhandels für Heimtierbedarf. Damit ist das Onlinegeschäft noch ein überschaubarer Nischenmarkt. Woran liegt es, dass der Online-Handel hier nicht recht in Schwung kommt?

Der Online-Anteil liegt nach unseren Berechnungen bei ca. 15 Prozent, je nach Land. Das heißt, dass bereits deutlich mehr Menschen Heimtierbedarf online kaufen als andere Waren (HDE ca. 10,2 Prozent Online-Umsatzanteil 2018), aber immer noch 85 Prozent der Produkte nach wie vor stationär gekauft werden. Das liegt u.a. daran, dass Pure Player, wie wir einer sind, (noch) nicht Bestandteil des täglichen und regelmäßigen Einkaufsverhaltens der deutschen Konsumenten sind und der wöchentliche Familieneinkauf, zu dem auch die Haustiere gehören, traditionell stationär getätigt wird. Aber wie gesagt, wir sind auf einem sehr guten Weg.

Wie wollen Sie das weiter ausbauen? Welche Möglichkeiten hat man als Online Pure Player, sich im Kampf um Marktanteile zu behaupten?

Wir haben grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen können wir per Drive-to-Web immer noch neue Zielgruppen gewinnen, die wir neben erstklassigen Preisen auch mit gutem Service, einem deutlich umfassenderen und premiumorientierten Sortiment als im klassischen stat. Einzelhandel oder schlichtweg der Lieferung z.B. an den Arbeitsplatz begeistern können. Der zweite Weg ist, neben dem konsequenten Ausbau unserer professionellen Orchestrierung der On- aber auch Offline-Kanäle zusätzlich über Content unsere Marke weiter aufzubauen. Und das ist für mich der Zukunftsweg. Bislang hat Zooplus rund 80 Prozent seiner Umsätze über klassische pushende Online-Kanäle generiert. Das ist deutlich zu hoch. Um diesen Anteil zu reduzieren, müssen wir in die Marke investieren, die per Pull ganz klar auf die Nachfrage der Zielgruppe abzielt. Marke wird nicht nur für Reichweite sorgen sondern auch die emotionale Komponente unseres Themas bespielen können und uns die Möglichkeit geben den Content Funnel für Zooplus ganz anders zu bespielen. Viele Content- Themen besetzen wir heute übrigens schon bei Zooplus. Wir betreiben wir neben dem Onlineshop auch einen Online-Informationsdienst rund um das Thema Haustier und eine sehr erfolgreiche Community und werden das zukünftig massiv ausbauen.

Der Weg zum Kunden führt Sie also nicht primär über Werbung?

Das Konsumentenverhalten hat sich in Bezug auf klassische Werbung im Grundsatz kaum verändert. Daher stellt sich die Frage eigentlich nicht. Bei klassischen Offline-Kanälen, Direct-Response-TV-und Out-of-Home-Kampagnen geht es darum Reichweite und Kontakt zu generieren. Bei unserer Content-zentrierten Strategie geht es primär nicht um den direkten kurzfristigen Abverkauf, sondern darum nachhaltig eine emotionale Bindung zum Kunden herzustellen, die langfristig wirkt. Das schaffen wir über unsere Contentstrategie, in deren Mittelpunkt ganz klar die Marke Zooplus mit ihren emotionalen und fachlichen Kompetenzen steht. Content wird dabei sicher sehr wichtig werden. Aber wir haben bereits die in meinen Augen beste Form des Engagements mit unseren Kunden erreicht: jede Menge User Generated Content. Dass dies stark auf die emotionale Bindung zum Kunden einzahlt, liegt auf der Hand.

Cat Content funktioniert also auch hier. Umso erstaunlicher ist es, dass Zooplus noch keine Social-Media- oder Influencer-Kampagnen durchgeführt hat. Warum nicht?

Selbstverständlich ist Zooplus seit mehreren Jahren in Social Media aktiv und das international und nicht nur im DACH-Markt, so dass dieser Werbekanal auch relevante Umsätze generiert. Aber Zooplus war bislang bekannt als Effizienzmaschine, so dass der Fokus ganz klar auf den direkten kurzfristigen Absatz gerichtet war, was sich ganz klar auch in unseren Wachstumszahlen der letzten Jahre widerspiegelt. Dieses Vorgehen ergänzen wir jetzt um die eben genannte Markenstrategie und stellen mit dieser zweiten Säule das nachhaltige Wachstum sicher und mit einem Augenzwinkern: "Dazu gehören auch Katzenbilder!".

Wie behauptet man sich als Pure Player gegenüber Amazon und dem stationären Handel? Welche Rolle spielen alternative Vertriebswege?

Unsere Hauptdifferenzierung zu Amazon besteht darin, dass wir unsere Marke über die persönliche und emotionale Beziehung Mensch-Tier positionieren. Während Amazon produktzentriert ist, haben wir einen kundenzentrierten Ansatz. Wir sind dabei, um diese Strategie herum ein ganzes Ecosystem aufzubauen, was auch wieder wichtig für das Verständnis zum Markenaufbau ist. Amazon hat von uns allen geschätzt auf Basis seiner Marktplatz-Strategie ein sehr breites und tiefes Sortiment, aber wir haben das Expertenwissen in unserem Sortiment und wissen aus 20 Jahren, was der Kunde und sein Tier brauchen, während der Amazon-Kunden genau wissen muss, was er braucht. Diese kundenorientierten Services kann man natürlich wesentlich besser als Spezialist ausspielen, also im Content-Bereich beispielsweise über Tiermagazine, Tierarztsuche, Versicherungen und viele Services mehr und diese in einem für den Kunden sinnvollen Ecosystem zusammen fahren. Einzelne Services sind schon live, als nächstes werden wir diese entlang der Customer Journey miteinander verbinden und damit für den Kunden ein Erlebnis schaffen, das deutlich über den reinen Einkauf hinaus geht.

Was hat sich im Vergleich zu früher beim Handel mit Heimtierbedarf verändert?

Wir behandeln Tiere anders als früher. Wir projizieren immer mehr unsere eigenen Bedürfnisse in unsere Tiere hinein - Stichwort "Humanization of Pets". Das Haustier wird vermenschlicht. Die Tierbesitzer werden zudem jünger, auch bei der Erstanschaffung. Hier liegt das Durchschnittsalter bei Mitte 20. Das bedeutet, dass man sein Haustier immer früher in sein Leben einbindet. Und das spiegelt sich auch in der Strategie gegenüber Amazon wider: Wir verkaufen nicht einfach Katzenstreu und Hundefutter, sondern Glück und Zufriedenheit für Familienmitglieder. Wir differenzieren uns entsprechend über unsere Marke und mittels der genannten Content-Strategie. Daher vertreiben wir auch nicht über Amazon. Natürlich wäre es anders herum durch aus eine denkbare Strategie selbst zum Marktplatz zu werden, um der neuen Kundenerwartung aus uns selbst heraus zu entsprechen und diese weiter voranzutreiben.

Auch wenn der Handel mit Haustierbedarf noch ein vorwiegend stationäres Geschäft ist: Was funktioniert online schon besser?

Wir versuchen der Trägheit der Masse für den Kauf beim Discounter neben unserer Marke vor allem auch Services entgegen zu setzen, da wir ja auf Basis unserer Erfahrungen aus 20 Jahren Onlinehandel sehr genau wissen, was unsere Kunden wünschen. Das lässt sich online sehr gut darstellen. Preis und Sortiment sind nur Hygienefaktoren. Diese müssen stimmen. Der Kunde möchte immer ein individuelles Angebot, den besten Service und Vielfalt, vor allem im Premiumbereich. Für alle individualisierten und personalisierten Angebote bedarf es vieler Daten. Hier hat Online gegenüber Offline klare Vorteile. Die Minimal-Form der Individualisierung ist, dass Katzenbesitzer keinen Hundezubehör angezeigt bekommen. Künftig wird auf Basis der Kaufgewohnheiten und des Kundenverhaltens Kaufwahrscheinlichkeiten abgeleitet: Was wird der Katzenbesitzer voraussichtlich als nächstes kaufen wollen, da sind wir in Sachen "predictive" dem Einzelhandel um Welten voraus und können das im Rahmen der Sortimentsgestaltung auch wesentlich genauer umsetzen als z.B. ein Discounter mit einer limitierten Regalfläche, die erzwingt, dass neben dem Katzenfutter eben auch Hunde-Futter steht.

Und wenn er einmal bei Ihnen gekauft hat: Wie binden Sie den Kunden langfristig?

Stammkunden können beispielsweise über die Zooplus-App den Wiederbestellbutton nutzen. Zudem bieten wir seit vergangenem Herbst ein Abomodell an. Damit erhält der Kunde beispielsweise bis zu fünf Prozent Rabatt auf den tagesaktuellen Preis des Abo-Artikels bei jeder Abo-Bestellung. Lieferintervall und Bestelltag sind frei bestimmbar; das Abo ist jederzeit anpassbar - egal, ob es um Urlaubspausen oder Artikeländerungen geht. Wir haben das Abo aus Marketingsicht bislang bewusst nicht gepusht, da wir dem Kunden nicht nur ein Abo mit Wiederkaufsfokus, sondern ein sinnvolles Loyality-Programm bieten wollen, beispielsweise auch über ein Bonus- und Prämienprogramm, das über den Service langfristig wirkt. So entsteht zusammen mit den bereits genannten Themen eine emotional aufgeladenes, inhaltsreiches uns serviceorientiertes Ecosystem für unsere Kunden, welches diese über ihren bevorzugten Kanal und vor allem über die App wahrnehmen können. Aber natürlich sehen wir im Rahmen unsere Marken- und Content-Strategie auch in unseren konkreten Maßnahmen noch deutliche Potenziale, um dem Kunden die Mehrwerte unserer Angebote zu kommunizieren und damit langfristig der Partner unser Kunden sein zu können, der als Experte sein Wegbegleiter auf Dauer ist. Zur Person: Florian Welz ist CCO der Zooplus AG und damit für die Bereiche Vendor Management (Einkauf / Category Management), Vertrieb und Marketing verantwortlich. Er arbeitete zuletzt als CEO einer Tochtergesellschaft der Kingfisher Gruppe in Deutschland und davor als COO für den Bereich E-Commerce-Multikanal der Media-Saturn Gruppe. Privat unterhält der 40-Jährige selbst einen "Kleintierzoo" aus Katzen, Meerschweinchen und Fischen. Wenn er sich nicht um diesen oder seine Familie mit zwei Kindern kümmert, verbringt er seine Freizeit mit Tennis spielen oder in den Bergen.