Weilheim-Schongau: Hunde-Boom im Lockdown?

Von

Elena Siegl

schließen

Ein Hund gegen Langeweile und Einsamkeit? In vielen Regionen sind die Vierbeiner während des Lockdowns gefragter denn je. Eine Entwicklung, die unter anderem auch das Tierheim in Schongau mit Sorge beobachtet.

Landkreis – In Zeiten von Corona legen sich Menschen in vielen Regionen vermehrt Haustiere zu, insbesondere Hunde. Doch wie sieht das bei uns aus? Hundetrainer, Tierheime und Züchter im Landkreis haben da bisher ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

„Es ist ein extremer Anstieg“, sagt Regina Thoma vom Verein „Lustige Hunde Maxkron“. Maximal zwei Welpengruppen und zwei Junghundegruppen betreut die Hundetrainerin in Penzberg normalerweise. Nun sind es sieben – und das, obwohl sich die Hundehalter zum Training gar nicht treffen dürfen. Immerhin per Online-Meeting bekommen die neuen Hundebesitzer von Thoma Übungsanleitungen und können Fragen stellen.

„Einige haben die Hunde sehr spontan und unüberlegt in ihrer Familie aufgenommen“, so der Eindruck von Thoma. Schon mehrfach habe sie leider mitbekommen, dass Teilnehmer ihre Vierbeiner wieder zurückgegeben haben, weil sie den Aufwand unterschätzten. Oft passen Hund und Halter auch einfach nicht zusammen. „Anfänger, die sich, wenn auch gut gemeint, einen Hund aus dem Auslandstierschutz holen, der womöglich ein Mix mit Herdenschutz-Anteil ist, sind schnell überfordert“, sagt Thoma. Auch Schäferhunde aus Leistungszuchten sind nicht unbedingt für Hunde-Neulinge geeignet. Man merke, dass sich manche Halter zu wenige Gedanken gemacht haben.

Mehr Hunde im Landkreis Weilheim-Schongau? Das sagen die Kommunen

Im Futterhaus in Wielenbach spüre man, dass es speziell mehr Jungtiere in der Region gäbe: Die Nachfrage nach spezieller Nahrung für Welpen sei gestiegen, erzählt ein Mitarbeiter. Im Verdacht hat auch er den Lockdown: „Die Leute haben mehr Zeit.“

Tatsächlich wurden im „Corona-Jahr“ 2020 in Weilheim mehr Hunde angemeldet als in den Vorjahren: 123 Neuanmeldungen verzeichnet die Stadt – rund 20 mehr als 2019 (102) und 2018 (103).

Gegen einen Haustier-Boom während des Lockdowns sprechen die Zahlen, die Heide Strommer vom Steueramt der Stadt Schongau vorliegen: So waren im Jahr 2020 499 Hunde in der Stadt gemeldet, im Vorjahr waren es etwa gleich viele, nämlich 501 (Stand jeweils Dezember). Einen Sprung hat es eher da gegeben, als es das Virus noch gar nicht gab: Im Jahr 2018 waren nur 488 Hunde registriert. Gleiches Bild in Penzberg: 707 Hunde waren im Jahr 2020 gemeldet, im Jahr 2019 waren es 703, im Jahr 2018 nur 681.

Mehr Hunde im Landkreis Weilheim-Schongau? Das sagen Züchter

Bereits seit 1971 züchtet Martin Göbl aus Wildsteig Schäferhunde. Man würde sich vor allem an ihn wenden, „wenn gute Zucht gefragt ist“, weniger aus spontanem Interesse. Der Lockdown schlage sich bei der Nachfrage daher „nicht unbedingt nieder“, sagt Göbl, der auch erster Vorstand des Peitinger Schäferhundevereins ist.

Ähnlich sieht es auch Magdalena Weißenbach, die sich in Hohenpeißenberg der Spitz-Zucht verschrieben hat. Zwar steige die Nachfrage bei ihr und Kollegen an – allerdings sei dieser Trend schon seit mehreren Jahren zu beobachten und nicht ausschließlich am Lockdown festzumachen. Wer sich nur spontan dazu entscheidet, einen Hund zu kaufen, hat bei Weißenbach eh keine Chance. Die Interessenten müssen unbedingt zum Kennenlernen vorbeikommen und viele Fragen beantworten. „Wer sich keine Gedanken zu seiner Situation in fünf Jahren oder den Kosten, die längerfristig auf ihn zukommen, gemacht hat, bekommt eine Absage“, erzählt sie. Oder springt vorher von selbst wieder ab, wenn er merkt, wie langwierig der Prozess ist. So sollte das auch sein, damit jeder Hund in gute Hände kommt, findet Weißenbach. „E-Bay-Anzeigen, um Hunde schnell zu verkaufen, gehören verboten.“

Tierheim Schongau äußert Sorge

Diese sind auch dem Schongauer Tierheim ein Dorn im Auge. „Die Sorge besteht natürlich, dass sich Menschen jetzt schnell Tiere aus dem Internet holen – oder auf illegalem Wege“, sagt Allegra Rudek. Und dass diese Tiere, vor allem Hunde, früher oder später im Heim abgegeben werden. Wenn man nicht mehr im Homeoffice arbeitet und seine Freizeit lieber wieder anders verbringt.

Die Nachfrage nach Haustieren im Tierheim lasse sich mit Vor-Corona-Zeiten vergleichen, so Rudek. „Allerdings haben wir im Frühjahr Anrufe gekriegt, ob man unsere Tiere für ein paar Tage ausleihen könnte“, schildert Rudek. Dem kamen sie freilich nicht nach.

Um Mitarbeiter vor Infektionen zu schützen und die Tierversorgung zu gewährleisten, ist das Tierheim seit vielen Monaten geschlossen. Wer Interesse an einem Tier hat, kann telefonisch einen Termin vereinbaren. Mit einem Besuch ist es aber nicht getan. „Das ist ein langer Prozess, der zu Pandemie-Zeiten sogar noch etwas länger dauern kann“, so Rudek. Aber wenn sich jemand für ein Tier entschieden hat, sollte das kein Problem sein.

Lesen Sie auch: Im Landkreis Weilheim-Schongau wurden im Vergleich zu Vorjahren jetzt weniger Vögel gezählt Ein Experte gibt dennoch Entwarnung.

Außerdem interessant: „Die Ausbildung wurde komplett verändert“, sagt Bernhard Bölt von der Schongauer Berufsfachschule für Pflege. Weil Corona alles auf den Kopf gestellt hat, allerdings auch, weil auf eine generalistische Ausbildung umgestellt wurde.