Rohes Hundefutter könnte Ausbreitung resistenter Bakterien fördern

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Paris – Multiresistente Keime, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als eine der größten glo­balen Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit bezeichnet werden, verbreiten sich möglicherweise ausgerechnet durch den besten Freund des Menschen.

Zwei Studien aus Portugal, die auf dem derzeitig online stattfindenden European Congress of Clinical Microbiology & Infectious Diseases vorgestellt wer­den sollten, warnen vor dem Familienhund als Quelle resistenter Krankheitskeime.

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Laut einer gestern veröffentlichten Pressemitteilung fand ein Forscherteam der Universität Porto in rohem Hundefutter Erreger, die Antibiotika widerstehen können. „Der Trend, Hunde mit rohem Futter zu füttern, könnte die Ausbreitung von resistenten Bakterien begünstigen“, warnten sie.

Für ihre Studie untersuchte das Team 55 Proben von Hundefutter von 25 verschiedenen Marken auf En­te­rokokken, die zur normalen Darmflora des Menschen und zahlreicher Säugetiere gehö­ren, aber schwere gesundheitliche Schäden verursachen können, wenn sie aus dem Darmbereich verschleppt werden. Sie können gegen Antibiotika resistent sein.

Die Forscher fanden heraus, dass alle 14 Proben von tiefgekühltem Rohfutter antibiotikaresistente Ente­ro­kokken enthielten – darunter auch Erreger, die gegen das als letztes Mittel eingesetzte Antibiotikum Linezolid resistent waren. Einige der Keime entsprachen demnach den Erregern, die bei Krankenhaus­pa­tienten in Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden gefunden wurden.

„Der enge Kontakt von Menschen mit Hunden und die Kommerzialisierung der untersuchten Marken in verschiedenen Ländern stellt ein internationales Risiko für die öffentliche Gesundheit dar“, warnte die Forscherin Ana Freitas.

Sie forderte die Behörden in Europa auf, das Bewusstsein für die potenziellen Gesund­heitsrisiken von rohem Futter für Haustiere zu schärfen. Hundebesitzern empfahl sie, sich jedes­mal nach dem Umgang mit Tiernahrung oder der Entsorgung von Kot die Hände zu waschen.

In einer weiteren Studie, die noch bei keiner medizinischen Fachzeitschrift zur Veröffentlichung einge­reicht wurde, untersuchte ein anderes Forscherteam aus Portugal Haustiere und ihre Besitzer aus 80 Haushalten auf Bakterien mit dem mcr-1-Gen, das ihnen eine Resistenz gegenüber dem Reserve­antibi­otikum Colistin verleiht – einem der wenigen verbliebenen Antibiotika, das gegen Infektionen mit multi­resistenten Erregern aus der Familie der Enterobakterien noch wirkt.

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Während alle 126 Menschen gesund waren, wiesen 102 der untersuchten Tiere Haut- oder Harnwegs­in­fektionen auf. Vier Menschen und acht Hunde wurden positiv auf Bakterien getestet, die das Resistenz­gen mcr-1 tragen, und in zwei Haushalten wurde das Gen sowohl beim Hund als auch bei seinem Be­sitzer gefunden.

„Die genetische Analyse der Proben deutet darauf hin, dass in einem dieser beiden Fälle das Gen zwi­schen Haustier und Besitzer übertragen wurde", erklärten die Forscher in ihrer Pressemitteilung. Sie ver­muteten, dass das Gen vom Hund auf den Menschen übertragen wurde. Sie warnten, es gebe Anlass zur Sorge, wenn Haustiere Resistenzen gegen die Antibiotika verbreiten könnten, die als letztes Mittel ein­gesetzt werden.

Laut WHO-Schätzungen sterben derzeit jährlich rund 700.000 Menschen weltweit an resistenten Krank­heitserregern. Bis 2050 könnten demnach weltweit jedes Jahr zehn Millionen Menschen an nicht zu kon­trollierenden Infektionen sterben, wenn keine Maßnahmen gegen die Antibiotikaresistenzkrise ergrif­fen werden.

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afp/aerzteblatt.de