Fünf Säulen als Fundament für ein gesundes Leben

Die städtische Kneippanlage am Stadtwald in Altenmarkt ist derzeit noch abgedeckt, soll aber demnächst geöffnet werden. −Fotos: Eiblmeier

"Das vom Schöpfer der Menschheit verliehene Wasser und die aus dem Pflanzenreich ausgewählten Kräuter machen das Wesentliche aus, Krankheiten zu heilen und den Körper gesund zu machen": Nach diesem Grundprinzip kurierte der als "Wasserdoktor" bekannte Pfarrer Sebastian Kneipp im 19. Jahrhundert die Leiden der Patienten, die bei ihm Hilfe suchten. Seine Philosophie und Heilmethoden sind heute noch genauso aktuell und bewährt wie zu seinen Lebzeiten.

Am 17. Mai jährt sich der Geburtstag von Pfarrer Kneipp zum 200. Mal. Er kam 1821 im schwäbischen Stephansried als Sohn einer Weberfamilie zur Welt und hatte schon früh den Wunsch Priester zu werden. Mit Unterstützung des Ortsgeistlichen gelang es dem aus armen Verhältnissen stammenden Kneipp, seinen Berufswunsch zu verwirklichen.

Während der Ausbildung erkrankte er an der damals herrschenden "Lungenschwindsucht". Durch Zufall entdeckte er ein Buch des Arztes Johann Siegmund Hahn über die Heilkraft von kaltem Wasser. Beeindruckt von den darin aufgeführten Erkenntnissen, macht Kneipp einen Selbstversuch in der eiskalten Donau. Das nur Sekunden andauernde Bad zeigt eine erstaunliche Wirkung: Kneipp spürte eine Linderung seines Leidens. Er wiederholte die Bäder und ergänzt diese mit Güssen. Sein Gesundheitszustand bessert sich zusehends bis zur gänzlichen Heilung.

Neben seinem Theologiestudium vertiefte er daraufhin auch seine naturheilkundlichen Kenntnisse. Als in seiner ersten Gemeinde die Cholera grassiert, kuriert der Kaplan mit seinem Wissen um die Heilkraft des Wassers und der Kräuter die vielen armen Leute, die sich keinen Arzt leisten konnten. Diese Patienten verliehen ihm die Ehrentitel "Cholera-Kaplan" und "Wasserdoktor".

Die Therapie basiert jedoch nicht nur auf Wasser. Im Laufe seiner Forschungen ergänzte Kneipp seine Therapieformen um weitere Heilmethoden. Er entwickelt ein ganzheitliches Gesundheitskonzept, dessen Fundament von den fünf Säulen Wasser, Bewegung, Lebensordnung, Ernährung und Heilpflanzen getragen wird. Deren Anwendung legte er in seinem Werk "So sollt ihr leben" ausführlich dar.

1855 wurde Sebastian Kneipp die Pfarrei Wörishofen übertragen, wo er nicht nur Menschen kuriert. Mit seinen Wasseranwendungen heilt er eine Rinderherde von der Maul- und Klauenseuche. Die Kunde von den Heilungserfolgen des "Wasserdoktors" verbreitete sich im Laufe der Zeit immer weiter. Wegen der wachsenden Nachfrage nach einer Behandlung bei Pfarrer Kneipp entwickelt sich das beschauliche Wörishofen zu einem Kurort in dem Patienten mit verschiedensten Leiden Heilung suchten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Eine Kneippkur in Bad Wörishofen ist nach wie vor beliebt.

Fünf Säulen als Fundament für ein gesundes Leben

Kneipp-Anwendungen können aber auch Zuhause praktiziert werden. Der Kneippsche Knieguss mit kaltem Wasser kann gut nach der morgendlichen Dusche durchgeführt werden, um gleich den Kreislauf zu trainieren. Das Armbad gilt ebenfalls als die "Tasse Kaffee des Kneippianers" und erfrischt bei nachmittäglicher Abgeschlagenheit und Müdigkeit, denn es fördert die Durchblutung von Armen, Herz und Lunge. Der kalte Gesichtsguss wiederum ist beliebt als "Kneippscher Schönheitsguss". Er wirkt nicht nur belebend, schenkt ein frisches Aussehen und fördert die Durchblutung der Haut, sondern kann auch bei Kopfschmerzen, müden Augen und Erschöpfung helfen.

Sebastian Kneipp war ein engagierter Verfechter des Barfußgehens. Zur allgemeinen Abhärtung und zur Stärkung der Abwehrkräfte empfiehlt er "Tautreten und Schneegehen" als bewährtes Mittel. Bei allen Kneipp-Anwendungen ist allerdings unbedingt darauf zu achten, die Anwendungen sach- und fachgerecht auszuführen, damit nicht ungewollt ein gegenteiliger Effekt erzeugt wird. Vor allem zu lang andauernde Kaltanwendungen sind zu vermeiden. Die einschlägige Fachliteratur und Kursangebote von Kneippvereinen geben hierbei gute Orientierungshilfen.

Genauso wichtig wie das Wasser sind in der n Gesundheitslehre Heilkräuter. Sebastian Kneipp hielt große Stücke auf die Heilkraft der Pflanzen und verwendete sie als Badezusätze, Tinkturen, Salben, Tees und Säfte. Dabei stützte er sich auf die lange Tradition der Klostergärten in Europa und entwickelte seine Therapie stetig weiter. In seinem 1886 erschienenen Bestseller "Meine Wasserkur" beschreibt Kneipp in dem Kapitel "Apotheke" mehrere Dutzend vorwiegend heimische Heilpflanzen und gibt Anleitung zu deren Aufbereitung und Anwendung. Die vielfältigen heilsamen Eigenschaften des Holunders in all seinen Pflanzenteilen preist und schätzt er hoch.

Sebastian Kneipp hat eine Gesundheitsphilosophie hinterlassen, die sich auch in unseren Tagen großer Wertschätzung erfreut. Der Kneipp-Bund und die Kneippvereine tragen in erheblichem Maße dazu bei, dass seine Erkenntnisse und Therapiekonzepte auch in der heutigen Zeit vielen Menschen der Gesunderhaltung, Prävention und Heilung dienen. Zum Gedenken an den 200. Geburtstag hat der Kneipp-Bund das Jahr 2021 zum "Kneipp-Jahr" ausgerufen. Traditionell fanden alljährlich an seinem Geburtstag vielerorts Kneipp-Aktionstage statt. Den aktuellen Gegebenheiten entsprechend werden heuer überwiegend Online-Veranstaltungen angeboten. Informationen dazu gibt es bei den Kneippvereinen oder unter

www.kneipp2021.de

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Am Stadtwald in Altenmarkt gibt es seit 2010 eine Kneippanlage. Laut Auskunft aus dem Rathaus soll die Anlage nach der Winterpause im Laufe der kommenden Woche wieder in Betrieb genommen werden. In dem Becken kann man dann im "Storchenschritt" die Durchblutung anregen oder sich mit einem "Tauchgang" im Armbecken erfrischen. Nach ein paar Runden auf dem "Barfuß-Weg" sind auch müde Füße wieder putzmunter.

− eib

"Cholera-Kaplan" und "Wasser-Doktor": Pfarrer Sebastian Kneipp.

Zur allgemeinen Abhärtung und zur Stärkung der Abwehrkräfte: Eine Anleitung zum Tautreten im Kurpark von Bad Wörishofen.