Warum Sachspenden für Hochwasseropfer nicht immer ...

Nicole Hartmann ist auf dem Heimweg nach Schnürpflingen (Alb-Donau-Kreis). Vier Tage lang war sie im Hochwassergebiet unterwegs. Hat einen Siebeneinhalbtonner mit Spenden hochgefahren. Und einer Freundin beim Entladen von deren Laster geholfen. In Sinzig war sie, in Ahrweiler, Bad Neuenahr. Zuletzt in Euskirchen, in einem großen Verteilzentrum. Dort mussten Helfer jeden Karton auspacken und den Inhalt sortieren. Anschließend neu verpacken. Wahnsinnig viel Arbeit für die Freiwilligen, erzählt die Frau aus dem Alb-Donau-Kreis. Dazu noch viel unnötige. Viele hilfswillige Menschen schnüren Pakete - aber gedankenlos.

Die verheerenden Überflutungen haben immensen Schaden angerichtet. Menschen starben, viele stehen vor dem Nichts: Ihre Wohnungen und Häuser sind verwüstet. Hier finden Sie Anlaufstellen und Spendenkonten, um zu helfen.

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Babyschnuller und Spielzeug im Kleidersack - das macht Zusatzarbeit

"Die meisten Leute verpacken ihre Sachspenden nicht nach Sortimenten getrennt. Sie schnüren Pakete nach der Devise: Dieses Paket bekommt eine Frau mit Größe 38, die hat zwei Kinder, und so sind da Spielsachen, Schnuller und Sonstiges drin." Vor Ort muss dann alles neu sortiert und verpackt werden, das kostet die Hilfskräfte Zeit und Energie, weiß auch Tobias Schwetlik.

Der Kreisgeschäftsführer des DRK Ulm warnt grundsätzlich vor allzu spontanen Hilfsaktionen. "Wenn wir unkoordiniert Sachspenden losschicken oder Spontanhelfer sich auf den Weg machen, gefährdet das die Hilfsmaßnahmen vor Ort", macht Schwetlik deutlich. Es gebe momentan sehr viele Sachspenden, die ehrenamtlichen Kräfte seien kaum in der Lage, sie zu verteilen.

Hochwasser in Deutschland: Die Bergungsarbeiten in den schwer getroffenen Regionen in NRW und Rheinland-Pfalz laufen immer noch, nach wie vor werden Menschen vermisst.

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Fernsehnachrichten lösen Hilfsaktion aus

Es war eine spontane Idee, den Hochwasseropfern in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz irgendwie zu helfen. Was Nicole Hartmann aus Schnürpflingen (Alb-Donau-Kreis) dann erlebte, war zunächst überwältigend. Am Freitagmorgen sahen Nicole Hartmann und ihr Sohn in den Nachrichten die schrecklichen Bilder aus den überfluteten Orten im Westen Deutschlands. Ihr Sohn fragte sofort, "Mama, was können wir da tun?" Spontan war die Idee geboren, den Autoanhänger voller Lebensmittel zu packen und in die betroffenen Gebiete zu fahren.

Nicole Hartmann in ihrem Brautmodengeschäft in Schürpflingen (Alb-Donau-Kreis), das nun vorübergehend als Lager dient - für all die Spenden für die Hochwasseropfer.

SWR

Martin Miecznik

Hilfsorganisationen raten von Spontan-Aktionen ab

Obwohl Hilfsorganisationen wegen der teils noch unübersichtlichen Lage von solchen spontanen privaten Hilfsaktionen abraten, rief Nicole Hartmann Bekannte in Nordrhein-Westfalen an. Fragte an, ob Hilfe willkommen sei. Dies wurde bejaht, sie solle allerdings abwarten, bis sie Nachricht erhalte, wohin genau sie ihre Spenden bringen könne.

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Viel Unterstützung von Freunden und Bekannten

In den sozialen Medien postete sie ihre Pläne und löste damit eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. Freunde und Bekannte teilten ihre Nachricht weiter und so meldeten sich kurz darauf bereits viele Unterstützer. Auch die Feuerwehr in Erbach (Alb-Donau-Kreis) startete eine Spendensammlung: Putzeimer, Wischlappen, Hygieneartikel, Kleidung bis hin zu Spielzeug wurden abgegeben. Vieles davon extra neu gekauft.

Freunde und Nachbarn helfen in der Garage bei der Lagerung all der Spenden.

SWR

Martin Miecznik

Spedition stellt Lkw und Fahrer

Nicole Hartmann hatte zwischenzeitlich schon einen Lkw gemietet, da ihr klar war, dass ihr Autoanhänger für den Transport nicht reichen wird. Dann meldete sich auch noch eine Spedition bei ihr, die einen Laster samt Fahrer zur Verfügung gestellt hat. Eine Freundin war von Nicole Hartmanns Aktion begeistert und sammelte in ihrer Ortschaft für sie. Dabei kam jedoch derart viel zusammen, dass schlussendlich ein eigener Lastwagen ins Katastrophengebiet fuhr.

Schrezheimer schicken fünf Sattelschlepper

Auch im kleinen Ellwanger Stadtteil Schrezheim (Ostalbkreis) werden derzeit Lastwagen beladen. Fünf Sattelschlepper, ebenfalls von einer Spedition beigesteuert. Das Ehepaar Tanja und Markus Gorus hat die Aktion professionell durchorganisiert: In einer von der Stadt zur Verfügung gestellten Mehrzweckhalle packen rund 35 Freiwillige Hygieneartikel, Lebensmittel, Baby- und Tiernahrung separat an mehreren Arbeitsstraßen. Man wolle auf jeden Fall alles bedarfsgerecht machen, beschreibt Tanja Gorus das Prozedere. Jede Kiste wird beschriftet, die Helfer vor Ort können sie öffnen und sofort verteilen. Ein fester Ansprechpartner nimmt die Bundeswehr die fünf Sattelzüge in Empfang. Sie hat extra ein Munitionslager dafür geräumt.

Die Überschwemmungen haben viele hart getroffen – manche haben sogar alles verloren, was sie hatten. Aber SWR3Land hält zusammen! Viele wollen helfen – das könnt ihr tun.

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Geldspenden am sinnvollsten

Noch bis Freitag wird in Ellwangen-Schrezheim sortiert und verpackt. Sachspenden werden keine mehr angenommen, die Halle sei zum Bersten voll, berichtet die Organisationsleiterin. Nur noch bereits abgesprochene Lieferungen aus Nachbarorten. Dagegen könne man noch weitere Hilfskräfte zum Beladen der Lastwagen gebrauchen.

Grundsätzlich sind Spenden für die Opfer der Hochwasserkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nach wie vor willkommen, stellt DRK-Geschäftsführer Tobias Schwetlik klar. Am sinnvollsten seien allerdings Geldspenden. Die könnten gezielt eingesetzt werden, das helfe den Betroffenen mehr als zahllose Kleidersäcke, für die Zeit und Helfer zum Sortieren fehlen - und die deshalb womöglich in den Müll wandern.