Nestlé – der Konzern, der keine Krisen kennt

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er Lebensmittelriese Nestlé ist gegen die Corona-Krise bisher gefeit. Der weltgrößte Lebensmittelkonzern steigerte den Umsatz im vergangenen Jahr mitten in der Pandemie um die höchste Rate seit fünf Jahren, wie aus der am Donnerstag vorgelegten Bilanz hervorgeht. Die Branche klagt derweil über nennenswerte Rückgänge.

So habe der Umsatz im zweiten Quartal 2020 um 3,5 Prozent und im dritten Quartal um 1,2 Prozent unter den jeweiligen Vorjahreswerten gelegen, teilte die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie kürzlich mit. Grund seien die negativen Auswirkungen des Seuchenzugs.

„Die globale Pandemie hat uns nicht gebremst“, stellte Nestlé-Vorstandschef Mark Schneider dagegen fest. Das Unternehmen mit Marken wie Nescafe, Mövenpick, Maggi, Smarties oder Kitkat habe sich vergleichsweise rasch auf das veränderte Konsumentenverhalten eingestellt. Ohne Folge blieben die Marktveränderungen allerdings auch für Nestlé nicht.

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So zeigten sich Schwächen bei Süßwaren und Flaschenwasser. Die Kunden seien weniger unterwegs gewesen und hätten somit weniger gekauft als sonst üblich, hieß es zur Erklärung.

Vor allem wegen guter Geschäfte mit Gesundheitsprodukten und Tierfutter (Felix, Purina und andere) stieg der Umsatz insgesamt jedoch um 3,6 Prozent auf 84,3 Milliarden Franken (78 Milliarden Euro). Auch Milchprodukte und Kaffee-Marken für den Konsum zu Hause wie Nescafé hätten ein deutliches Plus verzeichnet, so Schneider.

Die Schweizer hielten mit ihrer Wachstumsrate auch den Wettbewerber Unilever auf Abstand, der im vergangenen Jahr auf einen Zuwachs von 1,9 Prozent kam. Das höhere Tempo geht auch darauf zurück, dass Nestlé den Online-Absatz direkt an Kunden (Direct to Customer oder D2C), also unter Ausschaltung von Händlern, kräftig ausweitete. Insgesamt schnellte der Verkauf über E-Commerce um 48,4 Prozent nach oben und erreichte mit über zehn Milliarden Euro einen Anteil von gut einem Achtel am Gesamtumsatz.

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Fleischersatzprodukte stark nachgefragt

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Beim Umsatz nennt Nestlé stets das „organische“ Wachstum. Dabei sind Veränderungen durch Beteiligungskäufe und -verkäufe herausgerechnet, die im vergangenen Jahr allerdings eine erhebliche Rolle spielt. Die Umschichtung zeigen, in welche Richtung die Konzernzentrale in Vevey das Unternehmen steuert.

So stieß Nestlé sein US-Speiseeisgeschäft ab, der deutsche Wursthersteller Herta ging an die spanische Firma Casa Tarradellas und in China wurde das Geschäft mit Reiskonserven an die Gruppe Food Wise veräußert. Dagegen schloss Nestlé die Übernahme von Lily’s Kitchen ab, einem Tierfutter-Anbieter im gehobenen Segment.

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Die D2C-Aktivitäten baute Schneider durch Zukauf des Essenslieferdienstes Freshly in den USA im November und den Kauf einer Mehrheitsbeteiligung an Mindful Chef in Großbritannien im Dezember aus. Ohne Bereinigung um Zu- und Verkäufe von Tochterfirmen wäre der Umsatz um sechs Milliarden Franken gesunken.

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Schneider war 2017 mit dem Versprechen angetreten, den Konzern durch einen stetigen Umbau auf Vordermann zu bringen. Starke Sparten wie Nahrungsergänzung oder vegane Fleischersatzprodukte, darunter Patties für Burger, oder Thunfisch-Ersatz, stärkt er durch Zukäufe, während er wachstumsschwächere Sparten abstößt.

Quelle: Infografik WELT

Erst am Vortag hatte Nestlé den Verkauf des nordamerikanischen Wassergeschäfts für 4,3 Milliarden Dollar an den Finanzinvestor One Rock Capital bekannt gegeben. Allerdings behält Schneider Premiummarken wie Perrier, Acqua Panna und S.Pellegrino. Fast ein Fünftel des Geschäfts von 2017 sind nach eigenen Angaben inzwischen umgeschichtet worden.

Für das laufende Jahr rechne er mit einem organischen Umsatzwachstum „im mittleren einstelligen Bereich“, kündigte der Vorstandschef an. Der Gewinn aus dem laufenden Geschäft werde sich auch mittelfristig „kontinuierlich moderat“ verbessern.

Obwohl Nestlé mit unterschiedlichsten Begründungen immer wieder im Mittelpunkt der Kritik von Umweltschützern und Nahrungsmittel-Aktivisten steht, ist der Konzern mit einem Börsenwert von rund 270 Milliarden Euro neben den nahezu gleichauf liegenden Luxusgüterkonzern LVMH (Louis Vuitton, Gucci, Bottega Veneta) das derzeit wertvollste Unternehmen Europas.

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Obwohl der Nettogewinn im vergangenen Jahr um drei Prozent auf 12,2 Milliarden Franken fiel, gehört der Schweizer Konzern derzeit zu den Lieblingen der Vermögensverwalter, also der Geldmanager der Reichen. Die Zunft achtet vornehmlich auf langfristig stabile Renditen. Bei einer Umfrage von WELT AM SONNTAG unter zwölf unabhängigen Vermögensverwaltern nannten kürzlich sieben Verwalter Nestlé als Top-Aktie unter diesem Aspekt.

„Langsam, aber kontinuierlich entwickeln sich die Aktien des Lebensmittelkonzerns“, sagt Dyrk Vieten, Sprecher der Geschäftsführung des Vermögensverwalters Ficon in Düsseldorf. Vor allem in den aufstrebenden asiatischen Märkten verkaufe das Unternehmen seine Produkte und profitiere vom dortigen Vermögenszuwachs.

„Die Schweizer verteidigen die Supermarktregale so geschickt, dass die Dividendenausschüttung seit nunmehr fast einem Vierteljahrhundert jährlich erhöht werden konnte“, sagt Oliver Scharping, Fondsmanager bei der Anlagegesellschaft Bantleon. Für das vergangene Jahr wird die Dividende um fünf Rappen auf 2,75 Franken erhöht - der 26. Anstieg in Folge. Seit 61 Jahren ist die Ausschüttung pro Aktie in Franken damit im Vergleich zum Vorjahr gleich geblieben oder gestiegen.

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