Dioxin-Skandal: Giftgefahr im Eierbecher?

von Lea Wolz

09.01.2011, 10:37 Uhr

Der Fund von krebserregenden Stoffen verunsichert die Verbraucher. Können Eier noch bedenkenlos verzehrt werden? Auf was muss ich beim Kauf achten? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Lea Wolz

Im Zuge der Dioxin-Funde in Eiern und Tierfutter sind derzeit in Deutschland noch mehr als 1600 Bauenrhöfe gesperrt, der Großteil davon in Niedersachen. Freitag waren bundesweit rund 4700 Legehennen-Farmen, Schweine- und Putenzuchtbetriebe von den Behörden vorsorglich dichtgemacht worden. 150.000 Tonnen Futter sind mit dem krebserregenden Umweltgift Dioxin verunreinigt. Große Mengen an Eiern, Geflügel und Schweinefleisch könnten belastet sein. Zudem wurde bekannt, dass dioxinverseuchtes Tierfutter schon länger im Umlauf ist als bisher angenommen. Und die Belastung mit dem Umweltgift war in den Futterfetten der betroffenen Firma aus Uetersen 77-mal höher als der erlaubte Grenzwert, wie aktuelle Proben zeigen. Wird das Ei auf dem Teller zur Giftgefahr? stern.de beantwortet die für Verbraucher wichtigsten Fragen.

Welche Lebensmittel kann ich noch essen?

"Bei Schaleneiern würde ich zurzeit zurückhaltend sein", rät Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Da die Untersuchungen noch laufen, sei noch nicht bekannt, wie stark die Eier aus den betroffenen Betrieben mit dem Umweltgift Dioxin belastet sind. "Teilweise wurde bei den bereits untersuchten Eiern der europaweit festgelegte Grenzwert allerdings um das Vierfache überstiegen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Tester in Niedersachsen gaben dagegen Entwarnung: Sie fanden bei nur drei von 18 untersuchten Betrieben Eier, die eine kritische Dioxin-Menge aufwiesen. Wer in den vergangenen Tagen ein Frühstücksei gegessen habe, müsse sich keine Gedanken machen, sagt Schwartau. "Ein kurzfristiger Konsum löst keine akute oder chronische Vergiftung aus und erhöht auch nicht die Gefahr, an Krebs zu erkranken." Vielfach gehen bei der Verbraucherzentrale zurzeit auch Anrufe von besorgten Eltern ein. "Da Kinder empfindlicher auf Umweltgifte reagieren, sollten sie möglichst wenig Dioxin aufnehmen", sagt die Ernährungswissenschaftlerin. Die kritische Menge sei bei ihnen schneller erreicht. Ein Frühstücksei für die Kleinen sollte daher in den kommenden Tagen besser nicht auf den Tisch kommen. Aber auch hier gelte: "Ein kurzfristiger Konsum ist nicht unmittelbar gefährlich." Von Nahrungsmitteln, in denen Eier verarbeitet sind, wie zum Beispiel Nudeln, geht der Verbraucherschützerin zufolge keine Gefahr aus. "Da der Eianteil nicht besonders groß ist, dürfte auch das Risiko eher gering sein." Ähnliches gelte für Fertiggerichte. Auch in der Kantine sei Übervorsicht unangebracht. "Ich würde allerdings nicht gerade zum Rührei greifen", sagt Schwartau. Da Dioxine beim Backen oder Kochen nicht zerstört werden, rät Schwartau davon ab, in den kommenden Tagen einen Kuchen mit vielen Eiern zu backen. Wie stark Schweine- und Putenfleisch belastet sind, ist der Verbraucherschützerin zufolge noch nicht klar. "Hier müssen die Untersuchungen abgewartet werden."

Warum ist Dioxin überhaupt so gefährlich?

"Dioxin ist ein hoch toxisches Umweltgift, das krebserregend wirkt", sagt Schwartau. Da Dioxine schwer abbaubar sind, reichern sie sich langfristig im Fettgewebe des Körpers an. Bereits geringe Konzentrationen können daher gefährlich sein, da sich dadurch die Gesamtbelastung im Laufe des Lebens erhöht. Als Langzeitwirkungen wurden etwa Störungen des Immunsystems, des Nervensystems und des Hormonhaushaltes in Tierversuchen nachgewiesen. Auch schwere entzündliche Erkrankungen der Haut und Schädigungen der Leber sind möglich.

Wie erkenne ich, ob die Eier von einem der betroffenen Betriebe stammen?

Auf jedem Ei ist ein Zahlen- und Buchstabencode abgedruckt. Hinter der ersten Zahl verbirgt sich die Haltungsform. "0 steht für Biohaltung, 1 für Freilandhaltung, 2 für Bodenhaltung und 3 für Käfighaltung", sagt Schwartau. Stammt ein Ei aus Deutschland, ist zudem der Code "DE" im Stempel enthalten. Die anschließende Nummer verrät das Bundesland und den Betrieb, aus dem das Ei kommt. Hinter 03 verbirgt sich zum Beispiel das Bundesland Niedersachsen. Theoretisch können die Verbraucher daher mit dem Erzeugercode nachverfolgen, ob das Ei im Kühlschrank aus einem belasteten Betrieb stammt. Das Problem: "Eine Liste mit allen betroffenen Betrieben und den Zahlencodes haben die Behörden noch nicht veröffentlicht", sagt Schwartau. Eine Lösung: Eier aus Bundesländern, in denen nach heutigem Stand noch keine Bauernhöfe betroffen sind. Eine Liste mit den Kennziffern der Bundesländer findet sich zum Beispiel hier. Reagiert hat inzwischen das nordrhein-westfälische Umweltministerium. Die Behörde veröffentlichte die Stempelnummern möglicherweise belasteter Eier. Demnach handelt es sich um am 23. Dezember gekaufte Eier aus zwei Legehennen-Betrieben in den Kreisen Soest und Steinfurt mit den Nummern 2-DE-0513912 und 3-DE-0514411. Bei der letzten Stempelnummer seien nur Eier mit brauner Färbung betroffen, teilte das Ministerium mit. Auch das niedersächsische Verbraucherschutzministerium hat mittlerweile nachgezogen. Alle Codes von belasteten Eiern veröffentlicht die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite.

Sind auch Bio-Eier betroffen?

Auch bei Biohühnern darf in geringem Umfang zugefüttert werden. Jedoch sei dies nicht mit den Fetten erlaubt, die in der Kritik stehen, sagt Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Nach heutigem Stand haben die Biobauernhöfe auch kein Futtermittel von dem betroffenen Anbieter erhalten." Inwieweit neben Eiern aus Käfighaltung auch solche aus Boden- oder Freilandhaltung betroffen sind, sei allerdings noch nicht klar.

Was mache ich mit Eiern und Fleisch, das ich noch im Kühlschrank habe?

"Die Eier sollten erst einmal im Kühlschrank bleiben", rät Schwartau. Auch das Fleisch sollte der Verbraucherschützerin zufolge nicht gleich entsorgt werden. Denn: "Noch ist gar nicht bekannt, ob Schweine- oder Putenfleisch betroffen ist." In einem Thüringer Schlachthof wurden mittlerweile allerdings rund 6,6 Tonnen Fleisch wegen Dioxin-Verdachtes sichergestellt. Die Betriebe, die verseuchtes Futter erhalten haben, wurden gesperrt, sodass von dort derzeit kein belastetes Fleisch in den Handel gelangen kann.

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